Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel auf der Kippe
Neue Wendung in der Health Claims-Diskussion
Gesundheitswerbung hat auf ungesunden Lebensmitteln nichts zu suchen, so die Auffassung der EU-Kommission. Diese Position fand Eingang in Artikel 4 der geplanten europäischen "Verordnung für gesundheits- und nährwertbezogene Angaben", der so genannten Health-Claim-Verordnung. Doch die Frage "Was ist ein ungesundes Lebensmittel?" erhitzt seit Jahren die Gemüter.Die europäische Verbraucherorganisation BEUC kann sich vorstellen, die Grenze für ungesunde Lebensmittel schon bei einem Zuckergehalt von 10 Prozent oder einem Fettgehalt von 20 Prozent zu ziehen. Sowohl Colagetränke als auch Orangensaft würden damit zu ungesunden Lebensmitteln. Vertreter der Lebensmittelindustrie werden nicht müde, zu betonen, dass es grundsätzlich keine ungesunden Lebensmittel gibt. Allein die Zusammensetzung der Ernährung sei gesund oder ungesund.
Nun ist die Diskussion erst einmal vom Tisch. Wider Erwarten hat der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments in seiner Sitzung am 21. April 2005 den umstrittenen Artikel 4 gestrichen. Nur Gesundheitsaussagen, die sich an Kinder richten, wollen die Parlamentarier verbieten. In diesem Punkt gehen sie weiter als der ursprüngliche Verordnungsentwurf. Statt eines aufwändigen Zulassungsverfahrens für Health Claims schlug der Umweltausschuss ein Anmeldeverfahren vor.
"Das Spiel beginnt von vorne", kommentierte Renate Sommer, Mitglied des Europäischen Parlaments diese Entwicklung auf der Fresenius Konferenz Functional Food in Köln.
Die nächste und noch lange nicht letzte Hürde nimmt die Health Claims-Verordnung am 26. Mai, bei der ersten Lesung im Parlament. Sommer vertrat die Auffassung, dass es bereits ausreichend gesetzliche Grundlagen gibt, um die Konsumenten vor Irreführung zu schützen. Allerdings sah sie einen großen Aufklärungs- und Informationsbedarf: "80 Prozent der europäischen Bürger leben in städtischen Gebieten und haben keinen Kontakt mehr zu Landwirtschaft oder zur Lebensmittelherstellung". Ernährungserziehung solle in Kindergärten und Schulen beginnen und die Eltern mit einbeziehen.
Quelle: Bonn / Brüssel [ Gesa Maschkowski - aid ]