Konsumklima: Unsicherheit bleibt Sorge Nummer Eins
Ergebnisse der GfK-Konsumklimastudie im Mai 2005
Die Konsumstimmung der Deutschen bleibt weiterhin instabil. Zwar hat sich die Neigung der Konsumenten, größere Anschaffungen zu tätigen, gegenüber dem Vormonat leicht gebessert. Gleichzeitig haben die Verbraucher jedoch ihre Erwartungen an die Entwicklung des eigenen Einkommens und der Konjunktur wieder zurückgeschraubt. Der Konsumklimaindikator fällt wie im Vormonat erneut ab: von revidiert 4,8 Punkten im Mai auf 4,4 im Monat Juni.Der für eine kräftige Erholung in Deutschland notwendige Durchbruch bei der Binnennachfrage im Jahr 2005 will sich nicht einstellen. Die Verbraucher schwanken weiterhin zwischen Hoffnung und Skepsis: ihre Erwartung an die Entwicklung der persönlichen Einkommenssituation hat sich nach einem Plus im Vormonat wieder eingetrübt. Die Konjunkturentwicklung beurteilen sie ähnlich skeptisch wie im Vormonat. Dagegen stieg die Anschaffungsneigung, also die Bereitschaft, in der nächsten Zeit Geld für größere Anschaffungen auszugeben, in diesem Monat an. Die Zunahme konnte den starken Verlust des Vormonats jedoch nur teilweise kompensieren. Unter den Faktoren, die das Konsumklima im Mai beeinflussen, hat die Einkommenserwartung das größte Gewicht. Der Konsumklimaindikator verringerte sich nach revidiert 4,8 Punkten im Mai auf 4,4 im Monat Juni.
Betrachtet man die Indikatoren Einkommens- und Konjunkturerwartung sowie Anschaffungsneigung getrennt nach Alten und Neuen Bundesländern, erkennt man, dass die Stimmung der Konsumenten im Osten insgesamt erheblich schlechter ist und die Indikatorwerte deutlich stärker schwanken, als dies im Westen der Fall ist.
Die Erwartung der Konsumenten an die Konjunktur ist ähnlich negativ wie die der Finanzanalysten und Unternehmer. Der ZEW-Index, der die Erwartungen der Finanzanalysten zur weiteren wirtschaftlichen Entwicklung misst, weist im Mai eine deutliche negative Tendenz auf. Der ifo-Geschäftsklima-Index zur Stimmung von Unternehmern sinkt zum vierten Mal in Folge leicht.
Konjunkturerwartung: Skepsis hält an
Bereits im Vormonat war zu erkennen, dass sich der Indikator zur Konjunkturerwartung der Konsumenten auf niedrigem Niveau einpendelt. Das hat sich im Mai bestätigt. Der Indikator büßte gegenüber April 0,7 Punkte ein und erreicht damit einen Wert von minus 16,3 – das ist nur wenig mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahrs.
Betrachtet man die Entwicklung in den Alten und Neuen Bundesländern getrennt, stellt man fest, dass sich der Indikator gegenläufig entwickelt hat. Während der Wert in den Alten Bundesländern um 3,6 Punkte fiel, legte er in den neuen Ländern um gut zehn Punkte zu. Allerdings liegt der Indikatorwert im Osten mit minus 24,2 Punkten rund 10 Punkte unter dem der Konsumenten im Westen.
Nachdem die Entwicklung des Arbeitsmarkts bislang wenig Anlass gibt, an eine Besserung zu glauben, und dies in diesem Jahr wohl auch nicht mehr zu erwarten ist, bleiben die Verbraucher in ihren Erwartungen an die Konjunktur skeptisch. Daran hat auch die gute, ausschließlich durch den Export verursachte Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts für das erste Quartal nichts geändert.
In wieweit die unter dem Schlagwort Kapitalismuskritik entflammte Diskussion die Konjunkturstimmung beeinflusst hat, ist schwer zu beurteilen. Sie hat aber sicherlich wenig dazu beigetragen, die Verunsicherung der Bundesbürger abzubauen oder ihr Vertrauen in die Zukunft zu erhöhen.
Einkommenserwartung: weiter auf Zickzackkurs
Am stärksten eingebrochen ist im Mai der Indikator Einkommenserwartung. Er rutschte um 13,4 Punkte auf einen Wert von minus 13,3 und damit wieder unter den entsprechenden Vorjahreswert. Dass der Indikator so stark in die Minuszone abglitt, ist vor allem dem Pessimismus der Konsumenten in den Neuen Bundesländern zuzuschreiben. Zwar sank die Einkommenserwartung der Konsumenten in Ost und West etwa gleich stark ab, jedoch liegt der Indikatorwert für die Konsumenten in den Neuen Bundesländern mit minus 34,6 um 26 Punkte unter dem der Verbraucher in den Alten Bundesländern.
Der Zuwachs des Vormonats (6,0 Punkte), der ausschließlich den Erwartungen der Konsumenten im Westen zuzuschreiben war, ging mit dem Verlust im Monat Mai vollkommen verloren. Der Zickzackkurs der vergangenen eineinhalb Jahre setzt sich also fort.
Das Auf und Ab spiegelt deutlich die anhaltende Verunsicherung der deutschen Konsumenten wider. Offenbar konnten die guten Lohnabschlüsse in der Stahlindustrie den Einkommenspessimismus nicht mindern. Nach wie vor bleibt die schlechte Arbeitsmarktlage das beherrschende Thema und damit auch der wesentliche Einflussfaktor auf die Einkommenserwartungen.
Zusätzlich haben die im Rahmen der aktuellen Steuerschätzung wieder einmal identifizierten Haushaltslöcher zu einer neuerlichen Diskussion um die mögliche Erhöhung der Mehrwertsteuer geführt. Trotz energischer Dementis ist denkbar, dass viele Konsumenten fürchten, dass der Staat in naher Zukunft dieses Mittel nutzt, um das Staatsdefizit zu mindern.
Anschaffungsneigung: auf niedrigem Niveau verbessert
Nach dem starken Einbruch im Vormonat hat sich die Anschaffungsneigung im Mai wieder etwas erholt. Mit einem Plus von 5,8 Punkten wurden die großen Verluste im April jedoch nur teilweise kompensiert. Mit einem Wert von minus 21,3 Punkten liegt der Indikator allerdings noch immer auf einem niedrigen Niveau. Auch hier gilt, dass die Verbraucher aus den Alten Bundesländern insgesamt positiver gestimmt sind. Mit einem Plus von 4,7 Punkten stieg der Indikator Anschaffungsneigung hier auf einen Wert von minus 15,3 Punkten. In den Neuen Bundesländern hingegen stieg er mit einem Plus von 10,2 Punkten mehr als doppelt so stark wie im Westen. Dennoch blieb die Anschaffungsneigung mit minus 42,3 um über 25 Punkte unter dem Wert für die Verbraucher in den Alten Bundesländern.
Vor dem Hintergrund der gefallenen Erwartungen an die Einkommensentwicklung und der weiterhin eher pessimistischen Einschätzung der konjunkturellen Entwicklung bleibt die Anschaffungsneigung – trotz des Anstiegs im Mai – äußerst anfällig gegenüber der Entwicklung der Volkswirtschaft und insbesondere des Arbeitsmarkts.
Konsumklima: Abwärtstrend setzt sich fort
Im Mai sind es vor allem die rückläufigen Einkommenserwartungen, die dafür sorgen, dass sich das Konsumklima nun bereits zum zweiten Mal in Folge verschlechtert. Für Juni prognostiziert der Indikator einen Wert von 4,4 Punkten nach revidiert 4,8 Punkten im Mai.
Generell sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass der private Konsum in diesem Jahr noch nennenswerte gesamtwirtschaftliche Wachstumsimpulse liefern wird. Eine grundsätzliche Trendwende auf dem Arbeitsmarkt ist nicht in Sicht. Auch sonst spricht vieles dafür, dass 2005 ein weiteres Jahr der Stagnation sein wird. Dazu tragen nicht zuletzt der Wahlausgang in Nordrhein-Westfalen und die möglicherweise vorgezogenen Bundestagswahlen bei.
Für die Bürger und Konsumenten Deutschlands bedeutet dies, dass die von allen ersehnten Früchte der zur Besserung der Arbeitsmarktlage gestarteten Reformprogramme weiter auf sich warten lassen. Es könnte auch heißen, dass neue und erneut diskutierte Reformkonzepte und -ideen dazu führen, dass die Verunsicherung der Verbraucher nicht nur anhält, sondern noch weiter steigt. Es wäre zu wünschen, dass Politik und Wirtschaft die nächsten Monate zum Anlass nähmen, mit noch mehr Energie als bisher und in einer für den Verbraucher nachvollziehbaren Art daran zu arbeiten, Lösungen zu finden und konkrete Schritte zu realisieren, die einen Weg aus diesem arbeitsmarktpolitischen Patt weisen und die existenzielle Unsicherheit vieler Verbraucher abbauen. Es ist jedoch zu befürchten, dass im Vorfeld der eventuell vorgezogenen Bundestagswahlen nicht erlösende Taten, sondern Wahlkampfformeln das öffentliche Leben Deutschlands prägen.
Quelle: Nürnberg [ gfk ]