Deutsche Fleischwirtschaft: Zuversicht überwiegt

Gemeinsame Bilanz von VDF und BVdF

Die deutsche Fleischwirtschaft blickt auf ein zweigeteiltes Geschäftsjahr zurück. Während die ersten Monate des zurückliegenden Jahres zufriedenstellend verlaufen sind, sorgte ein starker Nachfragesog aus Osteuropa nach der EU-Erweiterung im Mai für erhebliche Marktveränderungen. Trotz auf 46,9 Mio. Schweine (2003: 45,3 Mio.) und 3,7 Mio. Rinder (2003: 3,6 Mio.) gestiegene Schlachtzahlen führten stark gestiegene Exporte in die Beitrittsländer und Russland insbesondere bei Verarbeitungsteilstücken wie Speck und Bäuche für eine europaweite Verknappung und teilweise erhebliche Preissprünge. Vor diesem Hintergrund stand besonders die Fleischwarenindustrie zeitweise deutlichen Ertragsproblemen gegenüber. Trotz des Preisanstiegs auf den Fleischmärkten stand auch die Schlachtwirtschaft unter Druck, da die Preise für Schlachtvieh stärker gestiegen waren.

Nachfrage in der Menge befriedigend

Ungeachtet der teilweise schwierigen Ertragslage konnte die Fleischwirtschaft mit der Nachfrage der Verbraucher zufrieden sein. So hat sich der Fleischverzehr insgesamt auf 61,3 kg pro Kopf behauptet (2003: 61,5 kg/Kopf). Trotz des gestiegenen Preisniveaus blieb der Verzehr von Schweinefleisch mit 39,5 kg stabil. Ebenso unverändert waren der Verzehr von Rindfleisch mit 8,8 kg und von Geflügelfleisch mit 10,9 kg , sonstige Fleischsorten spielten eine untergeordnete Rolle.

Private Haushalte kaufen weniger

Beachtlich bei der Entwicklung der Einkäufe privater Haushalte ist die Tatsache, dass einer um 4 Prozent gesunkenen Einkaufsmenge bei Fleischteilstücken eine Steigerung bei Hackfleisch um 8 Prozent gegenübersteht. Die Gründe für diesen Wandel dürften in der aggressiven Angebotspolitik des Einzelhandels, aber auch in der einfachen und variantenreichen Zubereitung von Hackfleisch liegen.

SB-Anteil nimmt rasant zu

Die stabilen Nachfragemengen der zurückliegenden Jahre dürfen jedoch nicht über ein deutlich geändertes Einkaufsverhalten der Verbraucher hinwegtäuschen. So stieg innerhalb der vergangenen fünf Jahre der Absatz von SB-verpacktem Fleisch von 22 Prozent im Jahr 1999 auf 39 Prozent im zurückliegenden Jahr. Der Anteil der lose in der Bedienungstheke angebotenen Ware reduzierte sich entsprechend von 75 Prozent auf 57 Prozent. Entscheidend für diese Entwicklung war der erneute starke Zugewinn der Discounter, deren Marktanteil deutlich von 13,0 Prozent (2003) auf 15,7 Prozent gestiegen ist.

Eine vergleichbare Entwicklung ist auch bei Fleischwaren zu beobachten. Der Anteil vorverpackter Wurst- und Fleischerzeugnisse vergrößerte sich von 57,8 Prozent 2003 auf 60,2 Prozent im Vorjahr. Auch hier zeigte sich die weiter gestiegene Marktbedeutung der Discounter, deren Marktanteil bereits bei 41,0 Prozent der gesamten Verkaufsmenge lag. Angesichts der weiter gesunkenen verfügbaren Haushaltseinkommen und der hohen Präsenz der Discounter ist zu
erwarten, dass deren Einfluss auch künftig noch weiter zulegen wird.

Motor internationaler Wettbewerb

Der zunehmende internationale Wettbewerb der großen Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels ist auch der Motor für deutliche strukturelle Veränderungen innerhalb der überwiegend mittelständisch geprägten deutschen Fleischwirtschaft. Im zurückliegenden Jahr haben verschiedene Fusionen und Übernahmen für die Entstehung großer wirtschaftlicher Einheiten gesorgt, die sich im europäischen Markt behaupten sollen. Beschleunigt wird diese strukturelle Entwicklung durch zunehmende Regulierungen im Bereich Lebensmittelrecht und Hygiene, deren Anforderungen große Betriebe bevorzugen.

2005 schwer zu prognostizieren

Der Ausgang des laufenden Jahres für die deutsche Fleischwirtschaft ist noch ungewiss. Die anhaltenden konjunkturellen Schwierigkeiten und die damit verbundene deutliche Kaufzurückhaltung scheinen mit der üblichen Verzögerung nun auch auf den Lebensmittelsektor einzuwirken und haben während der ersten Monate des zurückliegenden Jahres für eine verhaltene Nachfrage gesorgt. Auch die Folgen der europäischen Osterweiterung wirken sich noch immer auf die Marktpreise aus, obwohl sich hier gleichzeitig neue Märkte öffnen.

Die frühzeitige Umsetzung der EU-Agrarreform in Deutschland zum 1. Januar 2005 bewirkt hierzulande einen stärkeren Rückgang der Rinderbestände als in anderen Mitgliedstaaten. Zu Jahresbeginn hat die Entkopplung der Rinderprämien einen turbulenten Marktverlauf mit Preissprüngen hervorgerufen. Für das laufende Jahr wird mit einem Rückgang der Erzeugung um 7 Prozent und einem je nach Kategorie zwischen 10 und 17 Prozent höheren Preisniveau gerechnet. Die politisch erzeugte Wettbewerbsverzerrung innerhalb der EU führt für die heimischen Rinderschlachtbetriebe zu einer zusätzlichen Belastung.

Zunehmend Importrindfleisch

Der Rückgang der heimischen Rinderhaltung bietet dem Rindfleischimport aus Drittländern erweiterte Chancen. Insbesondere die Einfuhren aus den traditionellen Lieferländern für hochwertiges Rindfleisch in Südamerika haben zusätzlichen Auftrieb bekommen. Die Importe beschränken sich nicht mehr nur auf Einfuhrquoten, sondern zunehmend wird Rindfleisch auch mit vollem Zollsatz eingeführt, um für einen kontinuierlichen Marktausgleich zu sorgen.

Fleischwirtschaft sieht sich konkurenzfähig

Die deutsche Fleischwirtschaft ist nach wie vor auf dem heimischen Markt konkurrenzfähig und hat beachtliche Potenziale im Außenhandel. In beiden Bereichen besteht jedoch national erheblicher politischer Handlungsbedarf. Gesetzliche Vorgaben, die über die in der EU vereinbarten hinausgehen, sowie überflüssige oder sinnlose Regelungen wie beispielsweise die zur freiwilligen Rindfleischetikettierung müssen abgeschafft werden.

Der Erfolg im Export kann von der Wirtschaft nur realisiert werden, wenn beispielsweise mit China und anderen asiatischen Ländern staatliche Veterinärvereinbarungen vorliegen. Nur intensive Regierungsverhandlungen mit Drittländern können letztlich Einkommensmöglichkeiten für Fleisch und Fleischerzeugnisse aus Deutschland im Export eröffnen. Dies gilt umso mehr, wenn im Rahmen der WTO-Verhandlungen die Exporterstattungen weiter abgebaut werden sollen.

Quelle: Bonn [ bvdf / vdf ]

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