Konsumklima: Rückkehr zur Unsicherheit
Ergebnisse der GfK-Konsumklimastudie für September 2005
Der Wahlkampf und die Auseinandersetzungen im Vorfeld der Bundestagswahlen einerseits und der Anstieg der Ölpreise andererseits haben der Stimmung der Verbraucher in Deutschland erneut zugesetzt. Nachdem sich im Vormonat deutlich mehr Personen zuversichtlicher als in den Monaten davor geäußert hatten, stieg im September wieder die Zahl derer, die sich in der Erwartung an ihre persönliche Einkommensentwicklung und in der Anschaffungsneigung skeptisch äußerten. Dagegen glauben mehr Konsumenten als im Vormonat, dass eine konjunkturelle Erholung in Sicht ist. Der Konsumklimaindikator insgesamt erlitt jedoch wieder einen leichten Dämpfer und prognostiziert nach revidiert 3,3 Punkten im September einen Wert von 3,1 im Oktober.
War die Stimmung der Verbraucher im August dieses Jahres noch einigermaßen unbeeindruckt vom starken Anstieg der Ölpreise und darüber hinaus beflügelt von den Aussichten, die die Neuwahl versprach, so scheint beides – die Steuerreform und die Entwicklung der Ölpreise – im September doch seine Spuren hinterlassen zu haben. Vor allem die Indikatoren, die die persönliche Einkommens- und Konsumsituation beschreiben, sind davon betroffen. Folglich hat auch das Konsumklima etwas nachgegeben. Die Konjunkturaussichten werden dagegen wiederum optimistischer eingeschätzt. Wie sich die Ergebnisse der jüngsten Bundestagswahlen auf die Stimmung auswirken, können die im Folgenden dargestellten aktuellen Ergebnisse der Septemberstudie nicht wiedergeben, da die Befragung unmittelbar vor dem Wahltermin beendet wurde.
Konjunkturerwartung: Zuversicht im Vorfeld der Wahlen
Bereits zum zweiten Mal in Folge haben sich die Erwartungen der Konsumenten an die generelle Konjunkturentwicklung verbessert. Nach einem Anstieg von gut 4 Punkten im August dieses Jahres legte der Indikator nun sogar um mehr als 7 Punkte zu und steht nun bei einem Wert von minus 4,5. Die Konsumenten hatten mit der am 18. September stattgefundenen Neuwahl offensichtlich auch Hoffnungen verbunden, dass sie gesamtwirtschaftlich eine Erholung möglich macht.
Daran haben aus Sicht der Verbraucher offenbar auch die hohen Ölpreise (noch) nichts ändern können. Auffällig ist, dass der Indikator in den neuen Bundesländern mit einem Plus von mehr als 12 Punkten auf einen Wert von aktuell minus 17,7 mehr als doppelt so stark stieg wie in der „alten“ Bundesrepublik, wo er lediglich um knapp 6 Punkte auf einen Wert von minus 1,0 anstieg. Im Vormonat noch hatten sich die Verbraucher im Osten der Republik deutlich pessimistischer als im Westen geäußert.
Es bleibt abzuwarten, ob sich diese positive Grundstimmung auch nach dem jetzt bekannten Ausgang der Wahlen halten kann. Der ZEW-Studie zufolge, die monatlich die Stimmung bei den Finanzanalysten misst, ging es im September – beeinflusst durch das Wahlergebnis – mit der Stimmung der Finanzanalysten stark bergab. Auch haben eine Reihe von Institutionen die Wachstumsaussichten für dieses und das kommende Jahr bereits nach unten revidiert, beispielsweise der Internationale Währungsfond (IMF) oder auch das Hamburgische Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA). Diese begründen ihre Revision vor allem mit der Situation auf den Ölmärkten. Dagegen schätzten die in der ifo-Studie befragten Unternehmen ihre Erwartungen an die Geschäftsentwicklung im September nahezu gleich wie im August ein.
Einkommenserwartung: Unsicherheit bleibt
Nach einem Anstieg im Vormonat musste der Indikator Einkommenserwartung im September wieder einen kleinen Rückschlag hinnehmen. Mit einem Rückgang von 1,1 Punkten auf einen Wert von aktuell minus 11,7 sind die Verluste aber sehr moderat. Jedoch setzt der Indikator den Zickzack-Kurs der vergangenen eineinhalb Jahre weiter fort. Entsprechend bleibt es dabei, dass die Einkommensstimmung der Konsumenten weiterhin von großer Unsicherheit geprägt ist.
Für den Rückgang der Einkommenserwartung sind im September ausschließlich die Bürger der neuen Bundesländer verantwortlich, deren Einkommenserwartungen um 5,5 Punkte auf einen Wert von minus 32,3 zurückfielen. Mit einem Minus von 0,1 blieb dagegen dieser Wert in den alten Bundesländern fast unverändert bei 6,4 Punkten.
Der wesentliche Grund für die pessimistischen Einkommenserwartungen dürfte – neben der in Aussicht gestellten Mehrwertsteuererhöhung – sicherlich der zuletzt stark gestiegene Ölpreis sein. Denn stark erhöhte Benzin- und Heizölrechnungen schmälern die Kaufkraft der privaten Haushalte – dies insbesondere in den einkommensschwächeren neuen Bundesländern, wo die Angst vor weiteren Einschnitten in die soziale und finanzielle Sicherung offensichtlich wächst. So schätzt das Statistische Bundesamt, dass die gestiegenen Preise für Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas die privaten Haushalte in Deutschland in diesem Jahr mit etwa 6,8 Milliarden Euro zusätzlich belastet. Das wären etwa 0,5 Prozent der gesamten privaten Konsumausgaben für dieses Jahr.
Anschaffungsneigung: Optimismus verflüchtigt
Um den Anstieg der Anschaffungsneigung, der sich in den vorangegangenen beiden Monaten angekündigt hatte, ist es im September schon wieder geschehen. Der Indikator büßte 8,9 Punkte ein und der starke Gewinn des Vormonats wurde mehr als aufgebraucht. Aktuell liegt die Anschaffungsneigung bei einem Wert von minus 13,4 Punkten.
Der Rückgang geht ausschließlich auf das Konto der Bewohner der alten Bundesländer, denn hier verringerte sich die Konsumneigung um 11,3 auf minus 8,2 Punkte, während im Osten – allerdings auf wesentlich niedrigerem Niveau – ein leichter Anstieg auf minus 32,0 Punkte gemessen wurde. Die Niveauunterschiede zwischen den beiden Teilen der Republik bleiben weiter bestehen. Im Vormonat waren es jedoch vor allem die Bürger der alten Bundesländer gewesen, die sich in ihrer Bereitschaft, auch größere Anschaffungen zu tätigen, überdurchschnittlich häufig positiv geäußert hatten. Offensichtlich bewirkt sowohl das Geschehen auf den Rohöl- und Energiemärkten als auch die kontroverse Diskussion um Steuerreform und die Abschaffung zahlreicher Subventionen, die auch die privaten Haushalte betreffen, diesen Sinneswandel.
Konsumklima: Anstieg setzt sich nicht fort
Nach dem Anstieg im Vormonat hat sich das Konsumklima wieder leicht nach unten entwickelt. Für Oktober prognostiziert der Indikator nach revidiert 3,3 im September einen Wert von 3,1 Punkten. Alles deutet darauf hin, dass die Binnennachfrage in diesem Jahr weiterhin sehr schwach bleibt und kaum noch fühlbare Impulse für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung liefern wird.
Mehr noch: Die Aussichten für die Entwicklung der kommenden Monate sind gegenwärtig noch wenig viel versprechend. Denn nach dem Ergebnis der Bundestagswahl ist mit äußerst komplizierten und möglicherweise auch langwierigen Verhandlungen zur Bildung einer stabilen Regierung zu rechnen. Die Bürger aber warten auf starke Signale sowohl seitens der Unternehmer als auch der Regierung, die ihnen die lang ersehnte Wende im Arbeitsmarkt und in der Beschäftigungssituation bringen. Der Wahlausgang dürfte die Bundesbürger nicht in ihren Hoffnungen auf eine Wende bestärkt haben. Entsprechend ist zu befürchten, dass das Konsumklima sich bis zum Jahresende nicht mehr erholen wird.
Quelle: Nürnberg [ gfk ]