Schlachtabfall-Skandal: Behörden müssen Namen nennen

Eine Veröffentlichung aller Firmen und Produkte, die bundesweit vom aktuellen Schlachtabfallskandal betroffen sind, fordert die Verbraucherorganisation foodwatch. "Es ist unglaublich, dass die Verbraucher nicht wissen dürfen, ob die Fertigsuppe in ihrem Küchenschrank mit Schlachtabfällen hergestellt wurde oder nicht", sagt Matthias Wolfschmidt von foodwatch. Die Behörden würden sich mit Angst vor Schadensersatzforderungen seitens der Industrie herausreden. Seit dem Glykolskandal hätten sie aber die Möglichkeit bei "Krisen im Agrar- und Lebensmittelbereich" die Verbraucher zu informieren.

Das Bundesverfassungsgericht hatte damals darauf hingewiesen, dass "marktbezogene Informationen des Staates (...) den grundrechtlichen Gewährleistungsbereich der betroffenen Wettbewerber nicht" beeinträchtigen. Ergreifen staatliche Stellen ihre "Informationskompetenz" zum Schutze der Verbraucher, können sich die betroffenen Unternehmen danach weder auf die Berufsfreiheit noch auf den Eigentumsschutz berufen (Art. 12 Abs. 1 bzw. Art. 14 Abs. 1 GG; BVerfG, Beschluss 26.06.2002, 1 BvR 558/91, 1428/91, "Glykolskandal").

"Die gegenwärtige Krise zeigt, wie dringend wir ein Verbraucherinformationsgesetz brauchen", so Wolfschmidt, approbierter Tierarzt und bei foodwatch zuständig für Kampagnen. Die derzeitigen Koalitionsverhandlungen für die neue Bundesregierung müssten für die Umsetzung genutzt werden. Das geplante Gesetz war im Bundesrat - auch in einer abgeschwächten Version, die ein Auskunftsrecht für Verbraucher nur bei Behörden vorsah - am Widerstand von CDU und CSU gescheitert.

Die Probleme bei der bayerischen Rückholaktion der vom Schlachtabfallskandal betroffenen Produkte waren laut foodwatch zu erwarten. Zwar gilt seit 01.01.2005 die so genannte EU-Basisverordnung, die eine Rückverfolgbarkeit der gesamten Produktionskette vorschreibt. Die Behörden sind aber nicht in der Lage, das umzusetzen. Auch mehr Lebensmittelkontrollen hätten nach Ansicht von foodwatch den aktuellen Skandal nicht unbedingt verhindert. foodwatch fordert, dass Schlachtabfälle nicht mehr frei handelbar sein dürfen, sondern einer Meldepflicht unterliegen und sauber dokumentiert werden müssen.

Die Behörden wüssten noch nicht einmal, welche Mengen an Schachtabfällen überhaupt anfielen und seien auf Angaben der Industrie angewiesen, kritisiert foodwatch. Entgegen aktuellen Äußerungen des bayerischen Verbraucherschutzministers Werner Schnappauf hatte das zuständige bayerische Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz foodwatch auf Anfrage per E-Mail geschrieben: "Genaue Mengenerfassungen liegen für Bayern nicht vor." Zahlen könne man bei der "Deutschen Fleischmehlindustrie" bekommen. Für heute Mittag hat Schnappauf eine Fachrunde zur Krisenberatung einberufen. "Typisch, dass wieder nur die Industrie am Tisch sitzt und nicht die betroffenen Verbraucher, die dem Ekel ausgesetzt sind", sagt Wolfschmidt.

foodwatch startet eine Online-Mitmachaktion:

Verbraucher können dort die Behörden auffordern, die Produktnamen zu nennen, in denen Schlachtabfälle enthalten sein können. [www.foodwatch.de]

Quelle: Berlin [ foodwatch ]

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