Brasilien erhöht Rindfleischexporte
EU verliert weltweit Marktanteile
Nach Angaben des brasilianischen Branchenverbandes ABIEC ist die brasilianische Rindfleischerzeugung in den vergangenen fünf Jahren um rund 30 Prozent auf 8,7 Millionen Tonnen gestiegen. Damit hat man die 7,9 Millionen Tonnen der EU und die 7,2 Millionen Tonnen Chinas hinter sich gelassen und rangiert nun hinter den USA mit 11,3 Millionen Tonnen auf Rang zwei der Weltrangliste. Noch rasanter ging es mit den Exporten nach oben. Da der heimische Verbrauch stagnierte oder sogar rückläufig war, musste die gesamte zusätzliche Menge ausgeführt werden. Gut ein Viertel der Produktion wird mittlerweile exportiert, Mitte der 90er Jahre lag dieser Anteil bei vier Prozent. Mit einem Ausfuhrvolumen von 2,3 Millionen Tonnen im Wert von drei Milliarden US-Dollar hatte man im Jahr 2005 klar die Spitzenposition unter den Exporteuren und erreichte einen Marktanteil von 33 Prozent an den Weltrindfleischausfuhren.
Konkurrenz zu Europa
Der rasante Anstieg der brasilianischen Rindfleischproduktion und –ausfuhren hat in Europa Spuren hinterlassen. Mittlerweile stammen zwei Drittel der EU-Einfuhren aus dem Land am Zuckerhut, Tendenz steigend. Hauptabnehmer sind das Vereinigte Königreich, die Niederlande und Italien. Deutschland belegt bisher aufgrund der starken argentinischen Präsenz am Markt einen Mittelfeldplatz. Neben dem heimischen Markt macht Brasilien den Europäern aber auch die angestammten Exportmärkte streitig: Im Jahr 2003 belief sich beispielsweise der EU-Anteil an den russischen Rindfleischimporten bei gefrorener Ware noch auf 40 Prozent. Nur zwei Jahre später ist er auf zehn Prozent zusammengeschrumpft.
Selbst im Export von lebenden Schlachtrindern lässt Brasilien die Europäer hinter sich; deren Geschäfte mit dem Libanon sind nach dem politisch gewünschten Wegfall der Erstattungen praktisch zum Stillstand gekommen. Brasilien sprang schnell in die Bresche und wird dieses Jahr 70.000 Tieren den weiten Weg über den Atlantik zumuten.
Rindfleischmarkt nicht frei von Problemen
Die Aussichten für die brasilianische Rindfleischerzeugung erscheinen langfristig gut. Die Produktionsreserven sind keineswegs ausgeschöpft, nutzbares Ackerland und Weiden stehen noch reichlich zur Verfügung. Die Produktionskosten liegen weit unter dem Niveau der Nordamerikaner, der Australier und der Konkurrenz aus Argentinien und Uruguay. Zudem präsentiert sich die weltweite Nachfrage durchaus lebhaft. Trotzdem wird die augenblickliche Situation als schwierig eingeschätzt, die Erzeugung könnte 2006 erstmals rückläufig sein. Dies hat zum einen mit den vereinzelt, aber immer wieder auftretenden Fällen von Maul- und Klauenseuche zu tun – unter anderem auch in der Produktionshochburg Mato Grosso do Sul und in Paraná. Die Folge waren zahlreiche Importbeschränkungen. Auch musste Rindfleisch aus Regionen exportiert werden, die nicht über die notwendigen Qualitäten verfügen, was sich negativ auf den Preis auswirkte. Hinzu kommt, dass der Real innerhalb des vergangenen Jahres gegenüber dem Dollar um 30 Prozent an Wert gewann, was die Exporterlöse zusätzlich schmälerte.
Geringere Produktion, aber wachsende Exporte
Hart trafen die Brasilianer auch die Auswirkungen der Geflügelgrippe, weil der Export einbrach und Geflügelfleisch zu Schleuderpreisen am heimischen Markt verramscht wurde. Dadurch gaben auch die Preise für Rind- und Schweinefleisch kräftig nach. Die niedrigen Preise für Schlachtrinder, zurzeit werden im Raum Sao Paulo 1,20 Euro pro Kilogramm Schlachtgewicht gezahlt, haben Erzeuger dazu veranlasst, mehr Kühe als gewöhnlich aus der Produktion zu nehmen, um Kosten zu sparen.
Dies wird zu weniger Kälbern führen. Experten von Agra Informa schätzen, dass die Produktion 2006 rund vier Prozent unter dem Vorjahresniveau bleiben könnte. Da der Rindfleischverbrauch durch die Konkurrenz des billigen Geflügelfleisches noch stärker rückläufig sein dürfte, werden die Exporte aber weiter wachsen. In der Tat wurden trotz MKS in den ersten vier Monaten dieses Jahres gut fünf Prozent mehr Rindfleisch exportiert als im Vorjahreszeitraum.
Quelle: Bonn [ zmp ]