Feste Schweinepreise bis Jahresende?

Leicht steigende Erzeugung – gute Nachfrage

Das erste Halbjahr 2006 hat Europas Schweinebauern recht gute Preise beschert. Im Juni lagen die Notierungen in der Handelsklasse E im EU-Mittel erstmals seit fünf Jahren wieder über 1,50 Euro je Kilogramm Schlachtgewicht. Nach Einschätzung des Prognoseausschusses Schweinefleisch bei der EU-Kommission dürfte es bis Jahresende zwar die eine oder andere saisonale Preisschwäche geben, insgesamt sei jedoch fortgesetzt mit relativ festen Kursen zu rechnen. Denn die leicht steigende Erzeugung dürfte sich inner- und außerhalb der Gemeinschaft weitgehend am Markt platzieren lassen. Probleme könnten jedoch dann entstehen, wenn sich Russland im weiteren Jahresverlauf wieder verstärkt mit brasilianischer Ware eindecken sollte.

Die Situation am europäischen Schweinemarkt wurde im Prognoseausschuss Ende Juni als stabil bis fest eingestuft. Sichtbares Zeichen der meist freundlichen Stimmung am Markt: Fast alle Experten aus den Mitgliedsländern korrigierten ihre Preisprognosen für die nächsten Quartale nach oben. Folglich könnte am Jahresende das mittlere Preisniveau der Handelsklasse E im Schnitt der Union einige Cent über dem Vorjahreswert von knapp 1,39 Euro je Kilogramm liegen. Zuletzt war 2001 ein Überspringen der Marke von 1,40 Euro zu verzeichnen, als infolge von BSE und Maul- und Klauenseuche Rekordpreise von fast 1,67 Euro gezahlt wurden.

Kräftigster Preisanstieg in Südeuropa

In den südlichen Ländern wie Spanien, Italien, Portugal und Griechenland ist 2006 mit überdurchschnittlichen Preissteigerungen zu rechnen, die durchaus mehr als zehn Cent pro Kilogramm betragen könnten. In den Kernländern der Schweineproduktion, Deutschland, Frankreich, Niederlande, Dänemark und Holland, ist die Prognose dagegen mit einem Plus von drei bis fünf Cent etwas verhaltener. Für Finnland, das Vereinigte Königreich und Tschechien ist sogar nicht auszuschließen, dass es zu leichten Preisschwächen im Vergleich zu 2005 kommen könnte.

Polen – Sorgenkind der EU

Und mit Sicherheit wird es einen starken Preiseinbruch in Polen geben. Der dortige Markt hat die deutliche Produktionssteigerung von fast zehn Prozent oder gut zwei Millionen Schweinen in diesem Jahr in keiner Weise verkraftet. Zwar dürften die Exporte das Vorjahresniveau leicht übertreffen und auch der Verbrauch wird etwas zulegen, doch reicht dies nicht, um Angebotsüberhänge zu vermeiden; das Absatzventil Russland wird nach dem Importverbot schmerzlich vermisst. Die Überversorgung des polnischen Marktes wird nach Einschätzung der Polish Meat Association zu einem Preiseinbruch von zehn Prozent in 2006 führen, und auch zu Beginn des kommenden Jahres ist mit einer weiteren Produktionssteigerung von fünf Prozent und schwachen Preisen zu rechnen.

Produktion wächst überwiegend verhalten Trotz der vergleichsweise hohen Preise und einer verbesserten Wirtschaftlichkeit der EU-Schweinemast deuten die Produktionsprognosen mit Ausnahme Polens nicht auf einen massiven Angebotszuwachs hin. In Deutschland und Spanien dürfte dieser in diesem Jahr bei rund zwei Prozent liegen, in den Niederlanden und Italien ist allenfalls ein Plus von weniger als einem Prozent zu erwarten. In Dänemark und Frankreich wird sich die Erzeugung voraussichtlich kaum vom Vorjahresniveau unterscheiden.

Insgesamt ist damit zu rechnen, dass die EU-Erzeugung 2006 rund ein Prozent über dem Vorjahresniveau liegen wird.

Da jedoch neben einem Exportanstieg um gut zwei Prozent auch ein Anstieg des internen Verbrauches um 0,6 Prozent erwartet wird, dürfte die zusätzliche Produktion weitgehend problemlos Abnehmer finden.

Drittlandsexporte wachsen

Während Polen und auch die in die NRW ansässigen Schlachtunternehmen nach der Schweinepestsperre von einem flotten Russlandgeschäft nur träumen können, erfreuen sich andere an einer guten Nachfrage. Insbesondere Dänemark konnte seine Ausfuhren nach Russland im ersten Halbjahr spürbar ausdehnen, da neben dem klassischen Export von minderen Qualitäten auch andere Zuschnitte gefragt waren.

Insgesamt importierte Russland im vergangenen Jahr 400.000 Tonnen Schweinefleisch (inklusive Fleischwaren) aus der EU und für 2006 wird ein Zuwachs erwartet.

Völlig ungewiss ist jedoch, ob und wann Russland seine Einfuhrbeschränkungen für brasilianische Ware wieder lockern wird. Derzeit ist aufgrund der Maul- und Klauenseuche nur der Export aus wenigen Bundesstaaten erlaubt. Da die russischen Veterinärbehörden schon häufig für Überraschungen gut waren, sind Prognosen über ein Ende der Exportbeschränkungen kaum zu treffen sind. Im bisherigen Jahresverlauf haben die Schweinefleischexporteure Brasiliens jedenfalls schon kräftig Federn lassen müssen: Wurden von Januar bis Mai 2005 noch 138.000 Tonnen nach Russland exportiert, war es im gleichen Zeitraum dieses Jahres gut ein Drittel weniger.

Japan wichtiger Kunde der EU

Ein wichtiger Kunde für europäisches Schweinefleisch ist Japan. Hier dürfte 2006 allerdings keine Steigerung der Exporte möglich sein, da die Bestände ein relativ hohes Niveau erreicht haben. Im Frühjahr beliefen sich die Schweinefleischvorräte Japans auf über 200.000 Tonnen und übertrafen das Vorjahresniveau deutlich. Die stagnierenden Importe von Schweinefleisch haben andererseits aber auch etwas Gutes an sich, da nach Einschätzung der Kommission nicht damit zu rechnen ist, dass die sogenannte safeguard clause am 1. August zur Anwendung gelangt und so die Importe zollseitig verteuert werden.

Insgesamt gesehen präsentiert sich der Weltmarkt für Schweinefleisch auch in anderen Ländern, vor allem in Asien, recht aufnahmefähig. Und die Preise tendieren bei Konkurrenten wie Amerika ebenfalls relativ fest.

Quelle: Bonn [ zmp ]

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