"Wenn alle Bio machen, sind wir dann die Konventionellen"?
Herbsttagung der Ökologischen Lebensmittelwirtschaft
Sind "100 % Bio" eine Perspektive für Deutschland? Aus der Nische sei man in den letzten Jahren eindeutig heraus katapultiert worden, befand Felix Prinz zu Löwenstein, Vorstandsvorsitzender des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) auf einer Tagung am 19. Oktober 2006 in Berlin."Die Bio-Bewegung ist aber niemals angetreten, um es sich in einer kleinen, gut gepolsterten Nische bequem zu machen". Es sei daher wichtig die Vision "100 % Bio" jetzt zu diskutieren. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast, schloss sich dieser Einschätzung in ihrem Grußwort an. "Die Klimafrage wird sich in nächster Zeit so zuspitzen, dass der erhebliche Anteil der konventionellen Landwirtschaft an der Erderwärmung gar keine andere Antwort als den Ökolandbau zulässt". Dr. Gert Lindemann, Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, verwies auf die Möglichkeiten der Bundesregierung, den Ökologischen Landbau durch Fortführung des Bundesprogramms Ökologischer Landbau zu fördern. Er sagte zu, bei der anstehenden Revision der EG-Ökoverordnung alle Vorschläge abzuwehren, die die Identität des Ökologischen Landbaus schädigen könnten.
Die Arbeit der Tagungsteilnehmer in mehreren Gruppen förderte eine Menge spannender Fragen zutage. Dabei waren Skeptiker genau so gefragt wie Befürworter einer Strategie für "100 % Bio". Wie werden Handelsbeziehungen global aussehen? Werden alle satt werden? Werden die Verbraucher mitziehen? Wie wird die Arbeit in der Landwirtschaft aussehen? Aber auch das Selbstverständnis der Bio-Akteure und ihre Rolle als Pioniere spielte eine Rolle. "Wenn alle Bio machen, sind wir dann die Konventionellen?" So bildete die Tagung den kreativen Auftakt für ein Projekt, in dem der BÖLW in einem Szenario Wirkungen aber auch Voraussetzungen für "100 % Bio" erarbeiten will.
Staatssekretär Dr. Lindemann hatte eine weitere Folge von "100 % Bio" bereits mit einer nicht ganz ernst gemeinten Warnung vorweg genommen: Felix Prinz zu Löwenstein wäre dann Präsident des Deutschen Bauernverbande.
Quelle: Berlin [ Britta Klein - aid ]