Bioproduktion: Die Konkurrenz aus dem Ausland wächst
Rohstoffknappheit bereitet LEH Probleme - Profilierungspotenziale nutzen
„Die gegenwärtige, hohe Nachfrage nach Bioprodukten ist für uns Erzeuger sehr erfreulich“, erklärte Peter Großmann-Neuhäusler, Biolandwirt aus dem bayerischen Pasenbach und Vorsitzender des DLG-Arbeitskreises Bio-Produktion und Vermarktung vor der Presse in Wehrheim/Taunus. Die steigende Nachfrage sei am Markt in fast allen Bereichen zu verspüren. Dennoch würden sich höhere Erzeugerpreise bei den Abnehmern nicht so leicht durchsetzen lassen. „Hier haben wir mit einem wachsenden Angebot aus dem Ausland starke Konkurrenz erhalten“, betonte der bayerische Landwirt. Insbesondere im Verarbeitungsbereich steige der Wettbewerb mit Billiglohnländern aus Osteuropa, aber auch aus China. Für Großmann-Neuhäusler, der unter anderem Biogemüse erzeugt, stellt zudem der Saison-Arbeitskräftemangel ein Problem dar. „Saison-Arbeitskräfte zu bekommen, wird immer schwieriger. Gute Fachkräfte aus Osteuropa gehen nach England, Italien oder in die Niederlande, wo sie ohne Auflagen arbeiten können. Hier muss unsere Bundesregierung für Erleichterungen sorgen“, forderte Großmann-Neuhäusler.
„Scheinbioprodukte“
Sehr skeptisch beurteilt der DLG-Arbeitskreisvorsitzende die Qualität der Waren aus dem Ausland. „Keiner weiß, wie sicher die Kontrollen dort sind“. Durch so genannte „Scheinbioprodukte“ sieht er Wettbewerbsnachteile für die deutschen Biolandwirte. Positiv bewertet er, dass nach der neuen EU-Bioverordnung der Produktionsstandort für die verwendeten Rohstoffe angegeben werden muss. Dies könne zu einem Vorteil für die deutsche Bio-Produktion und Vermarktung führen. Das Gentechnik-Eckpunktepapier der Bundesregierung hält er für absolut unbefriedigend. In einer kleinstrukturierten Landwirtschaft sei es sehr schwierig, die 0,9 Prozent-Grenze für Verunreinigungen mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO) einzuhalten.
Steigerung der Produktqualität im Vordergrund
Für Johannes Werner Etzel, Biolandwirt aus dem hessischen Wehrheim, steht die weitere Steigerung der Produktqualität im Vordergrund. Hierin sieht er eine Chance, sich gegenüber ausländischer Ware deutlich abzugrenzen. Auch mit der Erzeugung von Nischenfrüchten zur Entwicklung neuer Märkte beabsichtigt er, eine höhere Wertschöpfung zu erzielen. Darüber hinaus versucht Etzel, die Erzeugung der Rohstoffe noch effizienter zu gestalten. Hier drücken seiner Meinung nach teure Betriebsmittel, wie zum Beispiel der Diesel und organische Düngemittel, auf die Rentabilität. Daher prüft er gegenwärtig unter anderem, ob sich der pfluglose Getreideanbau im ökologischen Landbau realisieren lässt. Für die Veredlungswirtschaft wird nach Auffassung des hessischen Biolandwirtes die Rohstoff- und Bezugssicherheit bei Importwaren immer wichtiger für die Sicherstellung der Produktion. Probleme sieht er vor allem dann, wenn die Erntemengen in diesem Jahr niedrig ausfallen werden. „Die dann zu erwartenden hohen Preise für Futter- und Brotgetreide können sich für die Veredlungsbetriebe sehr negativ auswirken, weil sie diese Preise entlang der Wertschöpfungskette kaum weitergeben können“, betonte Etzel. Schließlich biete der Biomarkt kaum Elastizität und reagiere schon auf geringe Marktschwankungen sehr sensibel.
Rohstoffknappheit bei Ackerfrüchten
Der Münchner Bio-Supermarktkette „basic AG“ bereitet derzeit die aktuelle Rohstoffknappheit bei Ackerfrüchten, aber auch bei Frischfleisch, aus deutscher Produktion Probleme. „Hier fordern wir mehr Unterstützung bei der Umstellung von der konventionellen auf die ökologische Landwirtschaft“, erklärte Einkaufsleiter Gerhard Sailer. Es könne nicht angehen, dass beispielsweise 90 Prozent der Bio-Sonnenblumenkerne aus China eingeführt werden müssen, so Sailer. Auch für ihn birgt zudem die neue EU-Bioverordnung mit den Ausnahmeregelungen, insbesondere für Zusatz- und Hilfsstoffe, ein Gefahrenpotenzial, das zu Wettbewerbsverzerrungen und zur Täuschung der Verbraucher führen kann. Gerade die Regelung für GVO-Verunreinigungen trage gegenwärtig zur Verunsicherung bei den Verbrauchern bei. Nach Auffassung des basic-Einkaufsleiters müssten Bioprodukte aber weiterhin ohne gentechnisch veränderte Organismen hergestellt werden. „Unsere Kunden akzeptieren keine Gentechnikspuren, auch wenn sie unterhalb des Schwellenwertes liegen“, betonte Sailer, dessen Unternehmen mittlerweile mit 22 Filialen bundesweit einen Gesamtjahresumsatz von über 72 Mio. EUR erzielt. Er sprach sich sehr eindeutig dafür aus, dass die Verursacher von Verunreinigungen zur Verantwortung gezogen werden müssten, keinesfalls die Biolandwirte. Hier müsse bei Schäden die Haftung im Gentechnikgesetz künftig klar geregelt werden. Für die deutsche Biolandwirtschaft sieht Sailer insgesamt gute Perspektiven. So hält er sowohl die Konzentration und Zentralbelieferung als auch die Spezialisierung auf „regionale Frische“ im Premiumbereich für erfolgreiche Wege.
DLG-Arbeitskreis Bio-Produktion und Vermarktung
Der DLG-Arbeitskreis Bio-Produktion und Vermarktung ist aus der 1977 gegründeten DLG-Arbeitsgruppe „Alternativen im Landbau“ hervorgegangen. Er setzt sich aus 45 ökologisch wirtschaftenden Landwirten aus Deutschland und dem benachbarten europäischen Ausland zusammen. Ziele sind die Förderung des Erfahrungs- und Meinungsaustauschs zwischen den Mitgliedern des Arbeitskreises, die Unterstützung bei einer erfolgreichen Betriebsführung, die Diskussion von aktuellen Fachthemen sowie die Kommunikation der Ökologischen Landwirtschaft in Fachkreisen.
Quelle: Wehrheim/Taunus [ DLG ]