Kommission schlägt europäische Strategie für RFID-Funketiketten vor

Genau ein Jahr nach Einleitung einer breiten europaweiten öffentlichen Konsultation über die Funkfrequenzkennzeichnung (Radio Frequency Identification) stellte die Kommission in Hannover ihre Vorschläge für eine europäische RFID-Strategie vor. Darin schlägt sie insbesondere vor, auf die Sorgen der Bürger um den Schutz ihrer persönlichen Daten einzugehen, um das Vertrauen der Verbraucher und die Position Europas auf diesem weltweit um 60 % wachsenden Markt zu stärken.

„Von der Bekämpfung von Produktfälschungen bis zur Verbesserung der Gesundheitsfürsorge bieten RFID-Funkchips gewaltige Chancen für die Wirtschaft und die Gesellschaft,“ sagte die für die Informationsgesellschaft und Medien zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding bei der Vorstellung der neuen Kommissions-Strategie auf der CeBIT, der weltweit größten IT-Messe, die jährlich in Hannover (Deutschland) stattfindet. „Im vergangenen Jahr sagte ich hier auf der CeBIT, dass wir die Nutzung der RFID-Technik in Europa unter Wahrung des Datenschutzes und der Privatsphäre vorantreiben sollten. Die von der Kommission 2006 durchgeführte europaweite öffentliche Konsultation machte dabei deutlich, dass die Bürger viel zu wenig über diese Technologie wissen und noch große Bedenken haben. Mit ihrer RFID-Strategie möchte die Kommission deshalb zur Aufklärung beitragen, die Bürger darauf hinweisen, dass sie das Recht haben, selbst über die Verwendung ihrer persönlichen Daten zu entscheiden, und zugleich dafür sorgen, dass Europa alle Hindernisse beseitigt, die der Entfaltung des bemerkenswerten Potenzials von RFID noch entgegenstehen.“

Die Technik der Funkfrequenzkennzeichnung beruht auf kleinen Mikrochips, auch Funketiketten genannt, die Funksignale aussenden, und auf Lesegeräten, die diese Signale empfangen und die Etiketten auf diese Weise identifizieren. Diese Technik eignet sich für eine breite Palette von Anwendungen und erfordert zum Auslesen weder den direkten Kontakt noch eine Sichtverbindung.

Das wirtschaftliche Potenzial der Funketiketten darf nicht unterschätzt werden. Allein im Jahr 2006 wurden weltweit mehr als eine Milliarde RFID-Etiketten verkauft, und bis 2016 könnten es über 500-mal so viele sein. Es wird geschätzt, dass der europäische Markt von heute 500 Millionen € auf 7 Milliarden € im Jahr 2016 wachsen wird. Außerdem ist Europa derzeit international führend im Bereich der RFID-Forschung und -Entwicklung, so dass unsere Industrie eine gute Ausgangsposition hat.

Allerdings sind sich die meisten Europäer des großen Potenzial der Funketiketten kaum bewusst. So gaben mehr als 60 % der 2190 Teilnehmer bei der öffentlichen Konsultation von 2006 (siehe MEMO/06/378) an, dass sie nicht genug darüber wüssten, um die Vor- und Nachteile der RFID-Technik einschätzen zu können. Von den besser informierten Teilnehmern waren 70 % der Ansicht, dass sich die Bedenken hinsichtlich der Sicherheit, des Datenschutzes und der Wahrung der Privatsphäre mit Hilfe technischer Lösungen am besten ausräumen lassen, 60 % unterstützten die Durchführung von Aufklärungskampagnen zur Information der Verbraucher und 55 % befürworteten RFID-Vorschriften.

Damit Europa in den Genuss der wirtschaftlichen und sozialen Vorteile der RFID-Technik kommen kann, ohne die Befürchtungen der Verbraucher zu vernachlässigen, veröffentlichte die Kommission heute ihre RFID-Mitteilung. Die Kommission wird

§ 2007 eine RFID-Interessengruppe einberufen, die sie bei der Ausarbeitung der politischen Position Europas in Bezug auf RFID-Anwendungen beraten und unterstützen soll; daran wird u. a. auch die Artikel-29-Datenschutzgruppe mitwirken;

§ bis Mitte 2007 Änderungen an der Datenschutzrichtlinie für die elektronische Kommunikation vorschlagen, um die RFID-Anwendungen bei der Überarbeitung des EU-Rechtsrahmens für die Telekommunikation zu berücksichtigen;

§ bis Ende 2007 eine Empfehlung über die Wahrung der Sicherheit und Privatsphäre im Zusammenhang Funketiketten an die Mitgliedstaaten und die Branche richten; da sowohl die Datenschutzrichtlinie als auch die Datenschutzrichtlinie für die elektronische Kommunikation Vorschriften für die Verarbeitung personenbezogener Daten enthalten, die unabhängig von der technischen Grundlage einzuhalten sind; sollen in der Empfehlung weitere Klarstellungen in Bezug auf RFID-Anwendungen erfolgen;

§ gemeinsam mit der RFID-Interessengruppe die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der Funketiketten und anderer Techniken analysieren, wobei der Schwerpunkt auf der Privatsphäre, dem Vertrauen und der Verwaltung liegt; Ziel ist die Abschätzung der politischen Handlungsalternativen und der Notwendigkeit weiterer Gesetzgebungsschritte bis Ende 2008.

In der Mitteilung legt die Kommission auch dar, wie sie dafür sorgen will, dass die Weiterentwicklung und Verbreitung der Funketiketten möglichst sicher, datenschutzfreundlich und effektiv erfolgt. Dazu gehören Fragen wie die Forschung und Innovation, die Verfügbarkeit von Funkfrequenzen, die Normung, Umwelt- und Gesundheitsaspekte, aber auch der Schutz digitaler Identitäten gegen Missbrauch im neu entstehenden „Internet der Dinge“, in dem viele Gegenstände unseres Alltags ohne unser Zutun selbständig miteinander kommunizieren werden.

Hintergrundinformationen:

Die Mitteilung der Kommission beruht auf den Ergebnissen einer öffentlichen Anhörung. In der ersten Phase veranstaltete die Kommission Seminare zu den Themen Privatsphäre, Sicherheit und Potenzial der RFID-Technik für Wirtschaft und Gesellschaft (siehe IP/06/289).

In der zweiten Konsultationsphase hatte jedermann die Möglichkeit, seine Ansichten zu äußern (siehe IP/06/909). Anhand der Stellungnahmen konnte die Kommission leichter einschätzen, ob Europa mit stabilen politischen Rahmenbedingungen lenkend eingreifen sollte. Dadurch können die Unternehmen ermuntert werden, in die RFID-Technik, die Harmonisierung der Normen und die Frequenzzuweisung zu investieren, während gleichzeitig die Sicherheit und Privatsphäre des Einzelnen ausreichend geschützt bleiben.

Die Hauptergebnisse der Anhörung wurden auf einer abschließenden Konferenz im Oktober 2006 vorgestellt (siehe MEMO/06/378). So konnte die Kommission ihre Einschätzung erläutern und letzte Stellungnahmen dazu einholen, bevor sie sich an die Ausarbeitung ihrer Mitteilung machte.

Quelle: Hannover [ eu ]

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