EU definiert Kalbfleisch und grenzt ab
Agrarrat: Einigung über klarere Regeln für die Verwendung der Verkehrsbezeichnung „Kalbfleisch“
Die Landwirtschaftsminister der Europäischen Union haben sich am 11. Juni 2007 darauf geeinigt, die Bedingungen für die Vermarktung des Fleischs von Rindern bis zum Alter von zwölf Monaten klarer zu regeln.
Nach den neuen Bestimmungen sind für dieses Fleisch in den einzelnen Mitgliedstaaten feststehende Verkehrsbezeichnungen zu verwenden und muss die Alterskategorie, der die Tiere zum Zeitpunkt der Schlachtung angehören, angegeben werden. Ziel ist es, die Markttransparenz zu verbessern und die Verbraucher klar erkennen zu lassen, was sie kaufen. Diese Änderung erfolgt im Anschluss an lange Beratungen mit allen interessierten Parteien, darunter eine Internetkonsultation, bei der die Verbraucher befragt wurden, was sie unter dem Begriff „Kalbfleisch" verstehen. Sie trägt dem Wunsch des Handels und der Mitgliedstaaten nach klareren Bestimmungen Rechnung, die die unterschiedlichen Erzeugungssysteme in den einzelnen Mitgliedstaaten berücksichtigen. Die Verordnung wird zu einem besseren Funktionieren des Binnenmarktes und zur besseren Information der Verbraucher führen.
Die Erzeugung und Vermarktung des Fleischs von Rindern bis zum Alter von zwölf Monaten und die Merkmale dieser Tiere zum Zeitpunkt der Schlachtung sind in den Mitgliedstaaten oft unterschiedlich. Es gibt im Wesentlichen zwei Arten von Erzeugungssystemen. Bei dem einem werden die Tiere hauptsächlich mit Milch und Milcherzeugnissen gefüttert und im Alter von weniger als acht Monaten geschlachtet. Bei dem anderen werden die Tiere fast ausschließlich mit Getreide - hauptsächlich Mais – und etwas Raufutter gefüttert und ab dem zehnten Lebensmonat geschlachtet. Während das erstgenannte Erzeugungssystem in fast allen Mitgliedstaaten existiert, ist das zweite nur in einigen wenigen verbreitet, hauptsächlich in den Niederlanden, Dänemark und Spanien.
Auf den wichtigsten Verbrauchermärkten in der Gemeinschaft wird das nach diesen unterschiedlichen Systemen erzeugte Fleisch bislang im Allgemeinen unter einer einzigen Verkehrsbezeichnung, nämlich „Kalbfleisch“, vermarktet. Die Art der Ernährung der Tiere und ihr Schlachtalter werden normalerweise nicht angegeben.
Die Erfahrung zeigt, dass diese Vorgehensweise den Handel stören und zu unlauterem Wettbewerb führen kann. Sie wirkt sich daher unmittelbar auf das Funktionieren des Binnenmarktes aus. Die Preise ab Schlachthof für das nach den beiden Systemen erzeugte Fleisch unterscheiden sich um 2 EUR bis 2,50 EUR je Kilogramm. Diese Situation kann auch für den Verbraucher verwirrend sein und ihn hinsichtlich der tatsächlichen Merkmale des gekauften Erzeugnisses irreführen. Mehrere Mitgliedstaaten haben die Kommission daher ersucht, Vorschläge zur Verbesserung der Bedingungen für die Vermarktung von solchem Fleisch zu unterbreiten und insbesondere die Verwendung der Verkehrsbezeichnung „Kalbfleisch“ zu regeln.
Bei der von der Kommission durchgeführten öffentlichen Anhörung nannte die Mehrheit der Verbraucher Alter und Ernährung der Tiere als wichtige Kriterien für die Merkmale des Fleischs. Weniger Bedeutung räumten die meisten dagegen dem Schlachtgewicht ein. Weitere Studien haben gezeigt, dass die organoleptischen Merkmale von Fleisch, also Zartheit, Geschmack und Farbe, insbesondere vom Alter und von der Ernährung der Tiere abhängen, von denen es stammt. Darüber hinaus hat die Konsultation ergeben, dass die Verbraucher je nach Mitgliedstaat mit ein und derselben Verkehrsbezeichnung unterschiedliche Erwartungen verbinden können.
Aus diesem Grund hat der Agrarrat den Vorschlag der Kommission angenommen, der festlegt, welche Verkehrsbezeichnungen in den Mitgliedstaaten für die Vermarktung des Fleischs von Tieren der beiden Kategorien „0 – 8 Monate“ und „8 -12 Monate“ zu verwenden sind, und die Angabe der Alterskategorie vorschreibt, der die Tiere zum Zeitpunkt der Schlachtung angehören. Bei der Wahl der Verkehrsbezeichnungen werden die neuen Bestimmungen möglichst die Gepflogenheiten und kulturellen Traditionen berücksichtigen, damit die Verbraucher eine ihren Erwartungen entsprechende Wahl treffen können. Für Fleisch der ersten Kategorie wäre die Verkehrsbezeichnung daher „Kalbfleisch“, während für solches der zweiten Kategorie die Bezeichnung „Jungrindfleisch“ lauten würde.
Entsprechend dürfen die Bezeichnung „Kalbfleisch“ sowie alle neuen Bezeichnungen, die von den im Vorschlag genannten Verkehrsbezeichnungen abgeleitet sind, nicht für die Vermarktung von Fleisch von mehr als zwölf Monate alten Rindern verwendet werden.
Wenn Marktteilnehmer die in dieser Verordnung vorgesehenen Verkehrsbezeichnungen durch freiwillige Zusatzangaben ergänzen wollen, müssen sie hierzu im Rahmen des bestehenden Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern sowie zur Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen (Verordnung (EG) Nr. 1760/2000) die Möglichkeit haben.
Im Interesse der Kohärenz und um Wettbewerbsverzerrungen auszuschließen, ist vorzusehen, dass die Bestimmungen der Verordnung auch für aus Drittländern eingeführtes Fleisch gelten.
Die Europäische Union erzeugt jährlich etwa 800 000 t Kalbfleisch. Die wichtigsten Erzeugerländer sind Frankreich (30 % der Gesamtmenge), die Niederlande (26 %), Italien (18 %), Belgien (7 %) und Deutschland (6 %). Frankreich und Italien sind die Länder mit dem höchsten Kalbfleischverbrauch (etwa 70 % des europäischen Verbrauchs).
Quelle: Brüssel [ eu ]