1937. Perfektion und Zerstörung

Kunsthalle Bielefeld vom 30. September 2007 bis 13. Januar 2008

Zehn Themen, zweihundert Künstlerinnen und Künstler, vierhundert Leihgaben: Die Kunsthalle Bielefeld dokumentiert das Jahr 1937 als „Perfektion und Zerstörung“.

Es geht um die vielfältigen Reaktionen auf die Wanderausstellung „Entartete Kunst“ in München, um den nationalsozialistischen Feldzug gegen die Moderne und den internationalen Schock durch die Bombardierung Guernicas. Die künstlerische Synopse mit sehr bekannten und weniger bekannten Namen zeigt Leihgaben aus über 120 Museen und Privatsammlungen. Sie enthält Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen, Grafiken und Fotografien aus Italien und Spanien, von der Sowjetunion, Polen und der Tschechoslowakei über Deutschland, Frankreich und England bis in die USA und nach Mexiko. Siebzig Jahre nach 1937 kann der faschistische Versuch, die moderne Kunst zu vernichten, relativ authentisch nacherlebt werden.

Am Anfang der Ausstellung stehen mit Arno Breker, Leni Riefenstahl und faschistischen Malern, die Hitler unterstützte, einige der trügerischen Perfektionsideale des Nationalsozialismus. Im krassen Gegensatz dazu stellen mehr als zwanzig namhafte deutsche Künstlerpersönlichkeiten, darunter Max Beckmann und Richard Oelze, das „böse Erwachen“ dar. Der Blick fällt von hier aus auf Werke, die die Kunstszene Italiens, Spaniens und der Sowjetunion in ganzen Räumen repräsentieren. Mit einem Szenenwechsel in die USA werden zwanzig weitere Maler gezeigt, die Sozialkritik üben oder kontemplativ resignieren, darunter Jackson Pollock und Mark Rothko.

Nach dem Blick auf die Länder gibt es Stilvergleiche, um das international klassizistisch orientierte Skulpturenideal vorzustellen. Parallel dazu erscheinen die großen Fotokünstler der Epoche, ob Walker Evans oder Dorothea Lange, die die Menschen nicht heroisch, sondern verlassen in ihrem materiellen und kulturellen Elend zeigen. Einen Höhepunkt der Bielefelder Ausstellung bildet der internationale Surrealismus. Salvador Dalí und Max Ernst, Man Ray und Joan Miró agieren wie viele andere politisch. Sie drücken neben Pablo Picasso, der mit der „Femme qui pleure“ sowie „Guernica“-Studien und Werkfotos von Dora Maar vertreten ist, ihr Entsetzen über das Weltgeschehen aus. Zum Schluss stimmt eine Übersicht der konstruktivistischen Hauptwerke darauf ein, dass Demokratie und Frieden ohne Balance kaum möglich sind.

Die Ausstellungskapitel im Überblick:

  1. Heroisches Warten und hohles Pathos. Kunst im Nationalsozialismus
  2. Das böse Erwachen. Die Kunst in Deutschland
  3. Novecento und Aeropittura. Zwei Zeitalter in Italien
  4. Aufschrei in Spanien. Die Internationalität des Protests
  5. Im Auftrag der Utopie. Die Kunst in der Sowjetunion
  6. Sozialkritik und Resignation. Die amerikanische Malerei
  7. Amazone, Assia, Pomona. Das Menschenbild in der Skulptur
  8. Antlitz der Zeit.Vom Porträt zur Sozialfotografie
  9. Die Entdeckung des Feuers. Der Surrealismus wird politisch
  10. Von der Abstraktion zur Konstruktion. Die Suche nach Ausgleich

Die Kunststiftung NRW unterstützt die Ausstellung mit einem großzügigen Zuschuss. Das Kataloghandbuch mit 480 Seiten und englischsprachigem Anhang erscheint während der Ausstellung zum Sonderpreis von € 32,- im Tübinger Ernst Wasmuth Verlag.

Quelle: Bielefeld [ Christiane Heuwinkel ]

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