Ernährungsindustrie im Aufwind – Auslandsgeschäft wächst
Preiserhöhungen bei Lebensmitteln erforderlich - BVE freut sich auf eine spannende und innovative Anuga
Die Ernährungsindustrie in Deutschland boomt. Nach schwierigen Jahren der Konsumzurückhaltung zogen die Umsätze der Ernährungsindustrie im ersten Halbjahr 2007 auf einen Wert von 70,9 Mrd. Euro an. Nominal sind die Umsätze in der ersten Jahreshälfte um 5,2% gestiegen, preisbereinigt beträgt das Wachstum 2,8%.
Wie in den Jahren zuvor ist der Export auch im ersten Halbjahr 2007 der wichtigste Wachstumsmotor der Branche. Im Ausland wurden deutsche Lebensmittel und Getränke im Wert von 16,3 Mrd. Euro verkauft. Mit einem nominalen Zuwachs von 13,2% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wuchs der Export erneut dynamischer als der deutsche Markt. Die Ausfuhrpreise stiegen mit 6,8% allerdings auch deutlicher als im Inland.
Auf dem deutschen Markt wurden Umsätze in Höhe von 54,6 Mrd. Euro getätigt. Der Wettbewerb in der Lebensmittelbranche ist nach wie vor sehr intensiv. Das nominale Wachstum betrug 3%, geht aber hauptsächlich auf Preissteigerungen zurück.
Rohstoffpreise bereiten Sorge
Große Sorge bereitet der Ernährungsindustrie die Preisentwicklung bei wichtigen landwirtschaftlichen Rohstoffen, die die Basis für die Lebensmittelverarbeitung bilden. Die Rohstoffe haben sich gemessen an den Erzeugerpreisen in der Landwirtschaft im ersten Halbjahr 2007 um durchschnittlich 9,7% verteuert.
In der Ernährungsindustrie verteuerten sich die Produkte beim Absatz an die nächste Wirtschaftsstufe um 2,4%. Daraus wird deutlich, dass die Ernährungsindustrie zwar Preisanpassungen durchsetzen konnte, allerdings in einem bescheidenen Rahmen.
Die Hersteller von Lebensmitteln leiden seit Jahren unter einem sehr großen Preisdruck der Handelsketten, die sich im Wettbewerb gegenüber dem Verbraucher vor allem über den Preis profilieren. Die Grenzen der Belastbarkeit in Form geringer Margen sind für die Hersteller deshalb seit langem erreicht – Spielräume, um gestiegene Rohstoff- und Energiepreise aufzufangen, bestehen deshalb nicht.
Unter diesen Marktbedingungen müssen die aktuell stark steigenden Preise für Milchprodukte, Getreide und Fleisch von den Lebensmittelherstellern über den Handel an die Verbraucher weitergegeben werden. Dem Handel muss klar gemacht werden, dass er seine übermächtige Marktposition in den Jahresgesprächen mit der Industrie nicht in unverantwortlicher Weise ausspielen darf. Es gibt nicht nur eine Verpflichtung gegenüber dem Kunden, sondern auch gegenüber den Lieferanten zu angemessenen Lebensmittelpreisen. Werden diese nicht gezahlt, wäre früher oder später der Bestand von Unternehmen in der Verarbeitungsstufe gefährdet.
Globale Trends steuern Lebensmittelnachfrage
Die Ursachen für die Rohstoffpreissteigerungen werden kurzfristig nicht zu beeinflussen sein. Weltweit steigt die Nachfrage nach hochwertigen Lebensmitteln, die westlichen Ernährungsgewohnheiten werden andernorts übernommen und die Weltbevölkerung nimmt stetig zu. Das Angebot an landwirtschaftlichen Flächen mit guten Produktionsbedingungen ist jedoch begrenzt und die Agrarpolitik nutzt bisher noch nicht alle Möglichkeiten, um den Knappheiten entgegenzuwirken. Die Flächenstilllegungen in der EU werden erst jetzt aufgehoben. Die Politik auf dem Gebiet nachwachsender Rohstoffe bringt zusätzliche Verwendungskonkurrenz für die wertvollen Rohstoffe in den Markt. Aus Sicht der Ernährungsindustrie muss deshalb darauf gedrungen werden, dass pflanzliche Rohstoffe primär für die Lebensmittelproduktion zur Verfügung stehen. Insgesamt wird man sich in Deutschland und Europa für die nächsten Jahre sicher auf weiter steigende Preise und auch stärkere Preisschwankungen bei Lebensmitteln einstellen müssen.
Lebensmittel in Deutschland unverändert günstig
Dennoch ist eine Panikstimmung bei den Verbrauchern nicht gerechtfertigt. Im europaweiten Vergleich sind Lebensmittel und alkoholfreie Getränke in Deutschland nach wie vor um 6% günstiger als im EU-27-Vergleich. Laut Eurostat und Statistischem Bundesamt waren nur in Polen, Tschechien und den Niederlanden als direkten Nachbarn sowie in Portugal, Spanien und Griechenland die Preise niedriger als in Deutschland. Zu berücksichtigen ist an dieser Stelle die unterschiedliche Kaufkraft der Konsumenten in den einzelnen Ländern.
Beim Verbraucher kamen bis August 2007 Preiserhöhungen bei Nahrungsmitteln und alkoholfreien Getränken in Höhe von 2,4% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum an. Der Preisindex für die allgemeine Lebenshaltung hat sich im gleichen Zeitraum um 1,9% erhöht. Die Preisentwicklung in Deutschland ist damit – wie das Statistische Bundesamt mitteilt – weiter auf stabilem Niveau. In einigen Produktbereichen kam es in den letzten Wochen zu Sonderentwicklungen – während Milchprodukte deutlich anzogen, gingen die Preise bei Gemüse im Vergleich zurück. Insgesamt hat sich der Preistrend bei Lebensmitteln jedoch nur der allgemeinen Entwicklung angepasst.
Aus einer Langzeitbetrachtung des Statistischen Bundesamtes geht hervor, dass der Verbraucherpreisindex von 1992 bis 2007 um 33% angestiegen ist, der Nahrungsmittelindex stieg im gleichen Zeitraum nur um 14%. Damit wird deutlich, dass sich die Preise für Lebensmittel seit vielen Jahren unterdurchschnittlich entwickelt haben. Die gegenwärtigen Preisanpassungen tragen bisher nur dazu bei, diesen Abstand zu verringern. Die Zeiten, in denen Lebensmittel regelmäßig die Portemonnaies der Verbraucher geschont haben und volkswirtschaftlich als Inflationsbremse wirkten, scheinen zunächst vorbei zu sein.
Exportchancen im Fokus der Anuga
Die Diskussion um Rohstoffe und Preise wird sicher auch das Geschehen auf der Anuga wesentlich mitbestimmen. Als international bedeutendste Messe für Lebensmittel und Getränke bietet die Anuga vom 13. bis 17. Oktober 2007 aber vor allem herausragende Möglichkeiten, um deutsche Lebensmittel noch erfolgreicher international zu vermarkten.
Fast ein Viertel der Umsätze der Ernährungsindustrie werden im Ausland erzielt. Die über Jahre schwache Inlandsnachfrage und der harte Wettbewerb hat viele der mittelständischen Unternehmen der Branche motiviert, das Auslandsgeschäft aufzubauen – mit Erfolg, wie die Zahlen belegen. Besonders gefragt sind Fleisch- und Fleischwaren (5,8 Mrd. Euro), Molkereiprodukte (5,3 Mrd. Euro), Süßwaren und Dauerbackwaren (3,8 Mrd. Euro) sowie alkoholische Getränke (2,3 Mrd. Euro).
Der wichtigste Absatzmarkt für deutsche Lebensmittel ist weiter der Europäische Binnenmarkt, der rd. 80% der Exporte aufnimmt. Die wichtigsten Abnehmer sind die Niederlande, Italien, Frankreich, Österreich und Belgien (zusammen 60% der Exporte). Die 12 neuen osteuropäischen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft bezogen 2006 Produkte im Wert von rd. 3 Mrd. Euro, das entspricht einem Anteil von 10,7% an den Exporten. Polen ist hier der wichtigste Kunde. Im Drittlandsexport nehmen Russland (1,1 Mrd. Euro) sowie Nordamerika (1,1 Mrd. Euro) eine führende Rolle ein. Nach Asien wurden 2006 Lebensmittel im Wert von 1,3 Mrd. Euro exportiert. Die Exporte in diese dynamisch wachsende Region sind noch weiter ausbaufähig.
Die BVE wird ihr Veranstaltungsprogramm auf der Anuga auf diese Themen ausrichten, um damit weitere Impulse für die Exporttätigkeit der Unternehmen zu geben.
Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) und die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie begleiten die exportierenden Unternehmen auf diesem Weg mit vielfältigen Aktivitäten der Exportförderung. Unter dem Motto „Fit for Global Business – Exportmärkte im Fokus“ führen BMELV und BVE erstmals gemeinsam an ihren Messeständen auf der Anuga mehrmals täglich Veranstaltungen zu aktuellen Exportthemen durch. Ziel ist es, Geschäftsführern und Exportleitern Informationen über wichtige Absatzmärkte zu vermitteln und die Unterstützung durch Bundesregierung und Verbände zu verdeutlichen. Veranstaltet werden Ländertage zu Asien und Osteuropa. Namhafte Unternehmer der Ernährungsindustrie berichten am BVE-Messestand über ihre Exporterfahrungen.
Die „Strategien und Förderinstrumente für die Auslandsmarkterschließung der deutschen Ernährungsindustrie“ stehen auch im Mittelpunkt einer gemeinsamen Studie der PricewaterhouseCoopers AG mit der BVE, die in den nächsten Wochen der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Damit setzt sich die BVE gezielt für eine weitere Verbesserung des Exportförderinstrumentariums für die Ernährungsindustrie ein, um langfristig den Erfolg der Unternehmen auf den Auslandsmärkten zu unterstützen.
Als Highlight am Eröffnungstag der Anuga findet erstmals die German Traders’ Night statt. Als gemeinsame Veranstaltung von BMELV, BVE, CMA und Koelnmesse bietet dieses Forum Gelegenheit die Unterstützungsmöglichkeiten für deutsche Exporteure kennenzulernen und einen Überblick über die wichtigsten Trends auf internationalen Lebensmittelmärkten zu erhalten. Der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Müller hat als „Exportbeauftragter“ des BMELV seine Teilnahme an der Veranstaltung zugesagt.
Innovative Produkte, erstklassige Qualität und höchste Sicherheitsstandards zeichnen deutsche Lebensmittel und Getränke seit vielen Jahren aus. In der ersten German Traders’ Night wird die Kreativität und Vielfalt deutscher Produkte in einem neuen, kommunikativen Rahmen Gästen aus dem internationalen Handel präsentiert. Die deutschen Anuga-Aussteller erhalten damit eine herausragende Gelegenheit, ihr internationales Netzwerk auszubauen.
Neue Marktstudie von GfK und BVE
Die Fachbesucher erwartet also ein attraktives Programm. Über die aktuellen Trends im Lebensmittelmarkt wird die BVE ausführlich einer Neuauflage der gemeinsam mit der GfK erstellten Studie „Consumers’ Choice 2007“ informieren. Im Mittelpunkt wird die zunehmende Nachfrage nach „gesunder Ernährung“ stehen. Die Studie „Healthy eating trend drives food markets” wird zur Anuga 2007 der Presse vorgestellt.
Die BVE freut sich auf eine spannende und innovative Anuga.
Quelle: Berlin [ bve ]