Silber ist doch kein gut verträglicher Bakterienkiller
Das seit Langem wegen seiner antibakteriellen Wirkung medizinisch eingesetzte Silber schädigt in der benötigten Dosis auch menschliche Gewebezellen. Zusätzlich schwächt ein Bluteiweiß die Wirkung auf Bakterien. Das belegte jüngst ein Team um Prof. Dr. Stephan Barcikowski vom Center for Nanointegration (CENIDE) der Universität Duisburg-Essen (UDE) in drei aufeinander aufbauenden Veröffentlichungen.
Silber wirkt nachweislich antibakteriell – daher stellte man aus ihm schon in der Antike Trinkgefäße her. Die Idee, Medizinprodukte mit integriertem Silber zu versehen, um so die Heilung zu fördern und Entzündungen verhindern, klingt daher erst mal gut. Und so realisierte die Arbeitsgruppe Testserien mit Silber-Nanopartikeln, die die Wissenschaftler per Lasertechnik selbst hergestellt hatten. Diese betteten sie in verschiedene Kunststoffe ein. Dadurch sind die Nanopartikel fest im Material gebunden und gelangen nicht in den Körper. Sie geben aber wegen ihrer großen Oberfläche ausreichend Silberionen, also die lösliche Form des Silbers, ab. Diese Ionen sind der eigentliche Wirkstoff, der Bakterien z. B. an einer Wunde tötet und so Entzündungen vermeiden soll. Zum Schutz von Medizinprodukten oder zur Abdeckung von Brandwunden also eigentlich eine gute Lösung.
Versuche mit verschiedenen Bakterien in Zusammenarbeit mit der Klinik von Prof. Dr. Meike Stiesch der Medizinischen Hochschule Hannover bestätigten die keimtötende Wirkung. Doch nachfolgende Untersuchungen zeigten, dass die Silberionen in der gleichen Konzentration auch Fibroblasten – Bindegewebszellen, die nach einer Verletzung für die Heilung wichtig sind – nennenswert schädigten. „Das hatten wir so natürlich nicht erwartet, da Silber bereits vielfältig in der Medizin eingesetzt wird“, berichtet Barcikowski, Inhaber des Lehrstuhls „Technische Chemie I“ an der UDE und Chefredakteur der Fachzeitschrift „BioNanoMaterials“. „Aber weitergehende Tests haben bewiesen, dass tatsächlich die Ionen die Zellen geschädigt haben und nicht etwa der Kunststoff, wie wir zunächst vermuteten.“
Versetzten die Forscher die Proben zusätzlich mit Albumin, einem Eiweiß, das im menschlichen Blut und damit natürlich auch an Wunden vorkommt, verschlechterte das zudem die antibakterielle Wirkung des Silbers, während die zellschädigende Wirkung gleich blieb. Hier ist die therapeutische Breite, d.h. das Verhältnis zwischen wirksamer und schädlicher Dosis daher extrem klein, sodass der praktische Einsatz riskant ist.
Weitere Studien hinterfragen, ob man gezielt nur die wundheilende Wirkung von Nanomaterialien nutzen kann. Das Projekt „ln-situ Konjugation von Nanopartikeln beim Ultrakurzpuls-Laserstrahlabtragen in Monomerlösungen für das Elektrospinnen auf Brandwunden" im DFG-Schwerpunktprogramm 1327 „Sub-l00 nm-Strukturen“ geht dieser Frage derzeit nach: Hier untersucht das Team um Barcikowski gemeinsam mit der RWTH Aachen und der Medizinischen Hochschule Hannover den Einsatz von Nanopartikeln aus „sanfteren“ Materialien wie Zink, Eisen und Magnesium zur Heilung von Brandwunden. So wollen die Wissenschaftler verträglichere Nanomaterialien testen und später für die Therapie nutzbar machen.
DOI der Originalpublikationen:
10.1002/adem.201180016
10.1039/c2ra20546g
10.2351/1.4730803
Quelle: Duisburg [ Universität ]