Münchner Traditionsmetzgerei vor Oberverwaltungsgericht gescheitert
Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Recht darauf zu erfahren, wie Lebensmittelbetriebe bei amtlichen Hygiene-Kontrollen abgeschnitten haben. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) entschieden. Anfragen über die Online-Plattform „Topf Secret“ sind laut dem Gerichtsbeschluss rechtmäßig und müssen von den zuständigen Behörden beantwortet werden. Mit seiner Entscheidung folgte das Gericht der Linie anderer Oberverwaltungsgerichte, die den Informationsanspruch bereits bejaht hatten.
„Die Lebensmittelwirtschaft will verhindern, dass Bürgerinnen und Bürger die Ergebnisse der amtlichen Lebensmittelkontrollen erfahren – mit einer groß angelegten Lobbykampagne, hunderten Klagen und mehreren juristischen Gutachten gegen unsere Plattform ‚Topf Secret‘. Doch die bayerischen Richterinnen und Richter stellen klar: Die Menschen haben einen Rechtsanspruch auf die Hygiene-Kontrollergebnisse von Bäckereien, Supermärkten & Co. Schmuddelbetriebe können sich nicht auf den Datenschutz oder das EU-Lebensmittelrecht berufen und so die Ergebnisse geheim halten“, erklärte Rauna Bindewald, Volljuristin und Campaignerin bei foodwatch.
Derzeit wird in Deutschland nur ein Bruchteil der Ergebnisse der amtlichen Hygiene-Kontrollen von Bäckereien, Supermärkten und anderen Lebensmittelbetrieben aktiv durch die Behörden veröffentlicht. Auf „Topf Secret“ ist es für Bürgerinnen und Bürger jedoch seit Anfang des vergangenen Jahres möglich, auf Grundlage des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) amtliche Kontrollergebnisse abzufragen – auch solche, die die Behörden bislang geheim halten.
Um „Topf Secret“ und damit mehr Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher bei Hygiene-Kontrollen zu verhindern, hatte die Lebensmittelwirtschaft zuletzt mit verschiedenen Auftragsgutachten von renommierten Professoren versucht, eine Kehrtwende in der Rechtsprechung zu erreichen. Die Gutachten kamen zu dem Ergebnis, dass die Herausgabe der Informationen gegen Verfassungs- und Europarecht verstoße. Die zentralen Argumente der Professoren lagen dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vor – haben jedoch offensichtlich nicht überzeugt. In seiner Entscheidung nahm das Gericht nun auch zu europarechtlichen Fragen – etwa der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) – Stellung und stellte klar, dass der Schutz personenbezogener Daten dem Auskunftsanspruch nicht entgegengehalten werden könne.
Im konkreten Fall hatte ein Verbraucher über „Topf Secret“ die Kontrollberichte zu einer Filiale der Münchner Metzgereikette Vinzenzmurr angefragt. Die Behörde wollte die Informationen herausgeben. Vinzenzmurr hatte versucht, dies gerichtlich zu verhindern und ist in erster wie zweiter Instanz gescheitert – der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist nicht anfechtbar. In ganz Deutschland gehen hunderte Lebensmittelbetriebe gegen die Herausgabe von Hygiene-Kontrollergebnissen vor.
Mit seinem Beschluss folgte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof einer Reihe anderer Gerichte: Zunächst hatte das Bundesverwaltungsgericht die Verbraucherinformationsrechte in einem Grundsatzurteil zum VIG im August 2019 grundlegend gestärkt. Es folgten Entscheidungen von Oberverwaltungsgerichten zu „Topf Secret“, die den Informationsanspruch der Antragstellerinnen und Antragsteller eindeutig bejahten, darunter der VGH Baden-Württemberg, das OVG Nordrhein-Westfahlen und das OVG Niedersachsen. Zwar sind zu „Topf Secret“ auch Beschlüsse des Hamburgischen OVG und des OVG Rheinland-Pfalz im Eilverfahren ergangen – die Gerichte haben jedoch in diesen Fällen die eigentliche Streitfrage, ob ein Informationsanspruch besteht, unbeantwortet gelassen.
Quelle: foodwatch.de