Bundeskartellamt untersagt Übernahme des Schlachthofbetreibers Tummel durch Tönnies
Das Bundeskartellamt hat die Fusionspläne der Schlachthofbetreiber Tönnies, Rheda-Wiedenbrück, und Tummel, Schöppingen, gestoppt. Bei der Beschaffung von Schlachtsauen sowie dem Vertrieb von Sauenfleisch an Fleischverarbeiter in Deutschland hat das Unternehmen Tönnies eine marktbeherrschende Stellung inne. Diese hätte sich durch den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung am Schlachthof Tummel weiter verstärkt.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „In Deutschland werden aufgrund der hier konzentrierten Wurstherstellung ca. 65% aller in der EU geschlachteten Sauen zerlegt und abgesetzt. Die Tönnies-Gruppe als Deutschlands führender Schweine- und Sauenschlachter ist das dominierende Unternehmen in diesem Bereich. Tönnies dominiert schon heute die Wertschöpfungskette der Sauenschlachtung und -verarbeitung in Deutschland. Der Zugriff auf die Erfassungs- und Schlachtmengen von Tummel hätte die Chancen für wirksamen Wettbewerb weiter verschlechtert. Dem sind wir mit der Untersagung des Vorhabens entgegengetreten."
Auf allen Stufen der Wertschöpfungskette - Beschaffung von Schlachtvieh, Schlachtung, Weiterverarbeitung, Fleischvertrieb - gehören jeweils Schlachtschweine und Sauen unterschiedlichen sachlichen Märkten an. Sauen werden als Zuchttiere in der Ferkelproduktion eingesetzt und haben ein Schlachtgewicht von rund 160 kg; Schlachtschweine weisen ein Gewicht von ca. 95 kg auf. Sauenfleisch wird im Gegensatz zu Schweinefleisch fast ausschließlich in der Wurstherstellung eingesetzt.
Tönnies ist aufgrund seiner hohen Marktanteile (weit über 40% bei der Erfassung), der vertikalen Integration auf verschiedenen Marktstufen und den wirtschaftlichen Verflechtungen zu Wettbewerbern und Abnehmern ein unverzichtbarer Vertragspartner im Markt. Über den Hauptgesellschafter der Gruppe, Herrn Clemens Tönnies, ist das Unternehmen mit dem größten deutschen Wursthersteller, der Mühlen-Gruppe, verbunden. Auch eine Analyse des tatsächlichen Marktverhaltens von Tönnies hat gezeigt, dass das nachfragemächtige Schlachtunternehmen in der Lage ist, die Beschaffungskonditionen einseitig zu Lasten seiner Wettbewerber zu beeinflussen.
Mit Tummel würde ein bisher selbständiger Schlachthof in einer für die Sauenbeschaffung günstigen geographischen Lage aus dem Markt fallen. Die Mengenzuwächse in einer Größenordnung von 10-15% würden die Verhaltensspielräume von Tönnies zusätzlich erweitern. Hierzu gehören auch die Mengen, die Tummel derzeit für Westfleisch, den zweitgrößten inländischen Wettbewerber, aufgrund eines Lohnschlachtungsvertrages schlachtet.
Zur Lösung der Wettbewerbsprobleme hatte Tönnies Zusagen vorgeschlagen, insbesondere Lohnschlachtangebote für Westfleisch und andere aktuelle oder potenzielle Wettbewerber. Auch auf die Sauenschlachtung am Standort Tummel wollte Tönnies vorübergehend verzichten. Die Prüfung durch das Bundeskartellamt hat jedoch ergeben, dass die angebotenen Zusagen die wettbewerblichen Bedenken nicht beseitigt hätten und eine unzulässige laufende Verhaltenskontrolle durch das Bundeskartellamt erfordert. Diese Einschätzung haben die hierzu befragten Marktteilnehmer weitgehend bestätigt.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Unternehmen haben einen Monat Zeit Beschwerde einzulegen, über die dann das OLG Düsseldorf entscheiden würde.
Quelle: Bonn [ Bundeskartellamt ]