Bio hat Zukunft
Bundesministerin Aigner eröffnet BioFach in Nürnberg
"Bio hat Zukunft, gerade in Zeiten wie diesen. Dabei erstreckt sich die große Nachfrage nicht nur auf Lebensmittel sondern auch auf Kosmetik und Kleidung", sagte die Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Ilse Aigner, anlässlich der Eröffnung der BioFach in Nürnberg. Die Rede der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz:
Die BioFach ist Pulsmesser, Trendbarometer und Weg-weiser in einem. Herzlich willkommen auf der Leitmesse für Bio.
Vor rund vierzig Jahren keimten die ersten Naturkostläden auf. Das Klientel war damals überschaubar.
Die erste BioFach vor zwanzig Jahren wurde von manchen noch als „Müsli-Messe“ betitelt – und vielleicht auch ein bisschen belächelt.
Heute schaut es anders aus: Der Bio-Markt ist ein Wachstumsmarkt. Längst sind Bioprodukte weltweit etabliert. Der Messe ist es gelungen, aus einer Idee eine Institution zu machen. Die BioFach ist weltweit auf Erfolgskurs, sie ist der deutsche Exportschlager von Tokio über Boston bis nach Sao Paulo. Die Fachmesse darf stolz sein auf ihre Entwicklung. Und die Stadt Nürnberg kann froh sein über diesen Publikumsmagneten.
In diesem Jahr informiert erstmals der indische Subkontinent auf der Weltleitmesse über Bioprodukte. Damit wird die Vielfalt der Aussteller weiter bereichert. Auch der konsequenten Ausdehnung des Biosektors spreche ich meine Anerkennung aus. Nicht nur Lebensmittel sind heute Bio. Auch Bio-Textilien und -Kosmetik haben ihre Daseinsberichtigung. Längst werden sie vom Verbraucher angenommen.
Ich freue mich, neben der BioFach auch die Vivaness 2009 zu eröffnen, die Weltleitmesse für Naturkosmetik und Wellness. Sie ist seit drei Jahren an der Seite der BioFach und bereits jetzt ähnlich erfolgreich. Bei der Pflege von Leib und Seele setzen immer mehr Menschen auf Produkte aus natürlichen Ausgangsstoffen. Das Bewusstsein der Verbraucher ist geschärft: Bio-produkte sollen auch äußerlich zur Anwendung kommen. Wer zum Bio-Apfel greift, möchte auch bei Cremes nicht auf Bio verzichten. Der Konsument…er handelt konsequent.
In diesem Jahr verzeichnet die Vivaness rund 10 % mehr Aussteller als im letzten Jahr. Die Vivaness leistet einen herausragenden Beitrag, um die Biobranche weiter auf Erfolgsspur zu halten.
Die BioFach feiert dieses Jahr ihr 20 jähriges Jubiläum. Ein herzlicher Glückwunsch von meiner Seite. Und der NürnbergMesse zolle ich meine Anerkennung für ihren Pioniergeist, ihren Elan und ihren Erfolg. Für Pionierleistungen im Bio-Bereich steht auch das diesjährige Partnerland: Hjertelig velkommen Danmark!
Dänemark hat eine lange Bio-Tradition und hat zweifelsohne eine Vorreiterrolle im internationalen Vergleich. Bioprodukte sind heute in den dänischen Regalen allgegenwärtig.
Dänemark war eines der ersten Länder, das bereits 1987 ein Bio-Siegel einführte. Die Skandinavier setzen traditionell auf eine starke Forschung, gerade im Bereich Ökologie und Landwirtschaft. Die Dänen zeigen überzeugend, wie man Bio voranbringt.
Aber der Bio-Boom ist kein nationales Phänomen, sondern gewinnt weltweit an Zulauf.
Ganz wesentlichen Anteil an der stürmischen Entwicklung hat sicherlich die Internationale Vereinigung ökologischer Landbaubewegungen (IFOAM). Sie ist weltweit treibende Kraft und Schirmherrin der Bio-Fach.
Meine Damen und Herren,
die Bio-Branche ist eine Zukunftsbranche. Sie kann über Jahre auf beeindruckende Wachstumszahlen verweisen. Sowohl in der Erzeugung als auch in der Verarbeitung und im Handel sichert sie Arbeitsplätze.
Warum entscheiden wir uns eigentlich für Bioprodukte?
Häufig steht die eigene Gesundheit oder der Umweltschutz im Vordergrund. Ein Aspekt ist sicher auch die hohe Qualität der Bio-Produkte. Bio hat schon längst den Sprung aus der Nische geschafft. Biosupermärkte sind für uns keine Besonderheit mehr. Die Regale der Discounter sind selbstverständlich gefüllt mit Bioprodukten. Und ein Bio-Döner löst bei uns auch keine Verwunderung mehr aus.
Oder sehen Sie sich die Initiative „Bio-Brotbox“ an. Hier haben sich regionale Unternehmen und Ehrenamtliche zusammengeschlos-sen, um ein gesundes Frühstück an Erstklässler zu verteilen.
Auch passen sich die Themen der Internetportale entsprechend an: Auf „Biobay.de“ z.B. kann man sich sowohl über die Bedeutung der einzelnen Biosiegel informieren als auch über ökologisch ausgerichtete Anbieter diverser Produkte oder über neue Entwicklungen.
Große Nachfrage erlebt zum Beispiel auch Kleidung aus ökologisch produzierter Baumwolle.
So wird die Bio-Jeans zur Trend-Hose und von diversen namhaften Herstellern international vermarktet.
Für den langfristigen Markterfolg ist es von großer Bedeutung, das Vertrauen des Konsumenten in die Bioprodukte zu sichern. Hierzu trägt auch die Werbekampagne der EU-Kommission für ökologisch erzeugte Lebensmittel und den ökologischen Landbau bei.
Zudem haben wir in der EU mit den Änderungen der Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau die Weichen hin zu weiterem Wachstum gestellt. Die bislang hohen Biostandards blei-ben erhalten. Die neuen, flexiblen Kennzeichnungsregeln schaffen ein hohes Maß an
Transparenz. Der Verbraucher hat damit die Möglichkeit, differenzierte Qualitäten auf dem Markt zu erkennen. In der EU gilt es nun, die noch ausstehenden Durchführungsbestimmungen für die Aquakultur und die Weinbereitung fertig zu stellen.
In beiden Bereichen geht es aus meiner Sicht darum, unter Einbeziehung der wirtschaftlichen Gesichtspunkte, die Integrität des ökologischen Landbaus zu wahren. Der Wein hat ja schon seit einiger Zeit eine besondere Bedeutung auf der BioFach. Die Dynamik dieses Wachstumssegmentes wird auch in diesem Jahr wieder deutlich. Und auch in diesem Jahr konkurrieren beim internationalen Weinpreis erneut hochkarätige Spitzenweine aus aller Welt um die begehrten Auszeichnungen. Genuss und Qualität werden hier erlebbar.
Weiterhin sind Forschung und Entwicklung für den Erfolgskurs von Bioprodukten entscheidend. Mit unserem Bundesprogramm Ökologischer Landbau stellen wir auch künftig jährlich rund 8,4 Mio. € zur Unterstützung von Forschung, Entwicklung und Wissenstransfer in Deutschland zur Verfügung. Hier rücken immer mehr nachfrageorientierte Aktivitäten sowie praxisorientierte Forschungs- und Entwicklungsvorhaben in den Mittelpunkt. Wissen und Wissenstransfer zählt. Deshalb wollen wir das Bundesprogramm auch bis 2015 fortführen. Die genannten Mittel können auch für Projekte innerhalb des künftig geplanten europäischen Forschungsverbundes für den ökologischen Landbau verwendet werden. Diesem sollen künftig 22 Partner aus ganz Europa angehören. Natürlich braucht ein solcher Verbund eine starke und schlagkräftige Koordination.
Und wer hat sich dazu bereit erklärt? Natürlich Dänemark. Die Skandinavier sorgen damit für Kontinuität und werden ihrem Ruf als verlässlicher Partner wieder einmal gerecht.
Deutschland wird Dänemark dabei unterstützen. Ich sehe in diesem Projekt eine große Chance für die Forschung zum ökologischen Landbau in der Gemeinschaft.
Daher würde ich es begrüßen, wenn die EU-Kommission daraus eine dauerhafte Forschungsplattform machen würde. Auch künftig ist in Deutschland die Förderung durch die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes von großer Bedeutung. Aber schon jetzt hat sich die Situation entscheidend verbessert.
Eine Reihe von Ländern hat beschlossen, ab 2009 die Prämien für den ökologischen Landbau zu erhöhen und von der Möglichkeit einer erhöhten Förderung Gebrauch gemacht. Wer umsteigen will, wird noch besser unterstützt. Bio kommt an, meine Damen und Herren. Das werden wir weiterhin durch verbesserte Verbraucheraufklärung fördern.
Bio setzt auf das Miteinander. Das ist auch eine Maxime meiner Arbeit. In Kürze möchte ich daher ein Gespräch mit den betroffenen Verbänden führen. Hier gilt es Fragen und Zukunftsperspektiven zu erörtern. Ich hoffe auf wechselseitige Impulse für die weitere Zusammenarbeit.
Als ich mein Ministeramt angetreten bin, wurde mir eine gewisse Biofeindlichkeit nachgesagt. Das ist Blödsinn! Ich vertrete sowohl die konventionelle wie auch die ökologische Landwirtschaft. Im Gegensatz zu anderen renne ich nicht blind einer Ideologie hinterher. Ich werde nicht die verschiedenen Anbauformen gegeneinander ausspielen. Für mich heißt es nicht „konventionell oder öko“, sondern „konventionell und öko“. Beides verdient meinen vollen Einsatz.
Ein Wort noch zur Gentechnik: Dies ist ein hoch komplexes und viel diskutiertes Thema.
Auch innerhalb der Bundesregierung gibt es hierzu unterschiedliche Meinungen.
Meine Position dazu ist folgende: Neue Technologien müssen dem Menschen nützen.
Hier kommt der Forschung eine besondere Bedeutung zu. Deshalb können wir auf Entwicklungs- und Sicherheitsforschung in diesem Bereich keinesfalls verzichten. Aber Gentechnik als
Selbstzweck anstelle der Einhaltung der guten fachlichen Praxis lehne ich ab!
Etwas schwieriger gestaltet es sich beim Genmais Monsanto 810. Länder wie Griechenland oder Frankreich haben die Schutzklausel gezogen. Sie ist jedoch rechtlich umstritten.
Gegenwärtig läuft in Brüssel ein Verfahren gegen diese Länder.
Deutschland hat sich für einen anderen Weg entschieden. Wir setzen auf eine strenge Überwachung des Anbaus, das sogenannte Monitoring. Zeigt sich, dass gegen die strengen Auflagen verstoßen wird, werde ich die Zulassung zurückziehen.
Meine Damen und Herren, die blanken Zahlen im Ökolandbau wären ein Grund, begeistert zu sein: Weltweit werden über 30 Mio. Hektar landwirtschaftlich genutzte Fläche ökologisch bewirtschaftet. Der globale Biomarkt wächst pro Jahr um ca. 5 Mrd. US-Dollar. Das Volumen des Weltmarktes hat 2007 die 40 Milliarden US-Dollar-Grenze überschritten. Einen wichtigen Beitrag leistet Bio auch beim fairen Handel. Im Jahr 2007 stieg der weltweite Umsatz mit Fairtrade-Produkten um 42 % auf 2,4 Mrd. Euro. Hier in Deutschland stammen rund 90% der Fairtrade-Bananen aus Bio-Anbau, rund 70% der Produkte von Fairtrade tragen das Biosiegel.
Daher verwundert es nicht, dass Fairtrade-Produkte auch auf der diesjährigen BioFach vertreten sind. Sie bereichern neben den anderen interessanten und kulinarischen Bioprodukten das Sortiment der Messe.
Meine Damen und Herrn,
der Biologischen Landbau packt die Herausforderungen der Zukunft an. Die Verbraucher verlangen nach Produktvielfalt, nach regionalen Erzeugnissen und nach hoher Qualität.
Der Ökologische Landbau erfüllt diese Anforderungen.
Die Biobranche ist gewappnet für die Zukunft. Damit das auch so bleibt, werde ich den Dialog mit den Verbänden führen. Dann aber immer pragmatisch, nicht ideologisch.
Mark Twain sagte einmal:
„Die einzige Methode, gesund zu bleiben, besteht darin, zu essen, was man nicht mag, zu trinken, was man verabscheut, und zu tun, was man lieber nicht täte.“ Mark Twain (1835-1910)
Auch wenn Mark Twain ein anerkannter Schriftsteller ist – er irrt hier. Und dieser Irrtum kann nur darauf beruhen, dass er nicht kennen lernen konnte, was für Welten sich hier und heute in diesen Hallen klar präsentieren: die synergetische Verbindung aus Gesundheit und Genuss.
Ich freue mich darauf, jetzt diese Welten mit Ihnen zu erkunden.
Quelle: Nürnberg [ NürnbergMesse ]