Organisation des gesundheitlichen Verbraucherschutzes neu ausrichten
Gutachten an Ministerin Aigner übergeben - Mit Download-Link zum vollständigen Gutachten
Der Präsident des Bundesrechnungshofes Prof. Dr. Dieter Engels hat in seiner Eigenschaft als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung der Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner ein Gutachten zur Organisation des gesundheitlichen Verbraucherschutzes in Deutschland übergeben.
Der Bundesbeauftragte hat die Organisation des gesundheitlichen Verbraucherschutzes auf Schwachstellen untersucht. In seinem Gutachten beschreibt er neue Modelle einer regulären staatlichen Lebensmittelüberwachung und des staatlichen Krisenmanagements. Zudem unterbreitet er Vorschläge, wie die Wirksamkeit der Eigenkontrollen in den Unternehmen gestärkt werden kann.
Die Begutachtung geht auf eine Bitte der Bundesverbraucherschutzministerin zurück. Anlass waren erhöhte Dioxin-Werte, die Anfang des Jahres in Hühnereiern sowie in Geflügel- und Schweinefleisch festgestellt worden waren. Das Gutachten berücksichtigt die staatlichen Aktivitäten anlässlich der Dioxin-Krise sowie der danach aufgetretenen EHEC-Epidemie.
I. Amtliche Überwachung
Derzeit überwachen deutschlandweit mehr als 400 verschiedene Behörden, ob die Betriebe die lebens- und futtermittelrechtlichen Vorschriften beachten. Sie sind überwiegend auf kommunaler Ebene angesiedelt.
Aus Sicht des Bundesbeauftragten sind die Aufgaben der amtlichen Kontrolle derzeit nicht in allen Bereichen aufgaben- und größenadäquat auf die staatlichen Ebenen verteilt. Die Kommunen, die die Hauptlast amtlicher Kontrolle tragen, sollten entlastet werden. Die Anforderungen an die amtliche Kontrolltätigkeit haben sich in den vergangenen Jahren deutlich er-höht. Die Ernährungswirtschaft hat sich strukturell grundlegend gewandelt; rechtliche Vorgaben wurden komplexer.
Der Bundesbeauftragte empfiehlt, die amtliche Kontrolle neu auszurichten und den Behörden „schlagkräftige“ interdisziplinäre Kontrolleinheiten zur Seite zu stellen, die über produkt-, branchen- oder unternehmensspezifischen Sachverstand verfügen.
II. Krisenmanagement
Die kritische öffentliche Diskussion im Zuge des EHEC- und Dioxin-Geschehens hat systemimmanente Schwächen des deutschen Krisenmanagements zutage treten lassen. Für operative Maßnahmen in der Krise sind allein die Länder zuständig. Bundeseinheitliche, länderübergreifende Maßnahmen setzen die Zustimmung aller betroffenen Länder voraus. Notfallpläne der Länder bestehen nebeneinander und sehen keine verbindliche Zusammenarbeit mit Bund und anderen Ländern vor.
Um von staatlicher Seite schnell und sachgerecht auf Lebensmittelkrisen reagieren zu können, empfiehlt der Bundesbeauftragte, das nationale Krisenmanagement normativ und organisatorisch neu und verbindlich zu gestalten: Kernelement sollte ein nationaler Krisenstab sein,
- der mit allen erforderlichen Kompetenzen ausgestattet ist,
- den betroffenen Ländern Maßnahmen zur Krisenbewältigung aufgeben kann und
- die Öffentlichkeit über das nationale Vorgehen informiert.
Der nationale Krisenstab sollte alle betroffenen Akteure umfassen und beim Bund angesiedelt sein. Dieser sollte kraft seiner gesamtstaatlichen Verantwortung die Leitung haben.
III. Eigenkontrollen der Unternehmen
Das EU-Recht überträgt den Unternehmen die Primärverantwortung für sichere Lebensmit-tel. Wirksame Eigenkontrollen der Unternehmen bilden das Fundament für eine flächendeckende Vorsorge im Verbraucherschutz: Die amtliche Überwachung stützt sich nach dem Sicherheitskonzept der EU insbesondere auf die „Kontrolle der Eigenkontrolle“. Der Bundes-beauftragte regt an, die Eigenkontrollsysteme effektiver zu gestalten und deren Erkenntnisse stärker für die amtliche Überwachung zu erschließen. Dazu gibt er eine Reihe von Empfehlungen.
Das Gutachten ist im Internet unter www.bundesrechnungshof.de [hier] abrufbar.
Quelle: Berlinh [ Bundesrechnungshof ]