Gentechnik - was ist alles neu?
Geltungsbeginn und Übergangsfrist
Gemäß Art. 46 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 gelten die in dieser Verordnung festgelegten (neuen) Kennzeichnungsvorschriften "nicht für Erzeugnisse, deren Herstellungsprozess vor dem Geltungsbeginn dieser Verordnung eingeleitet wurde, sofern diese Erzeugnisse gemäß den vor dem Geltungsbeginn dieser Verordnung anwendbaren Rechtsvorschriften gekennzeichnet wurden". Dies bedeutet, dass Lebensmittel, die ab dem 18. April 2004 hergestellt werden, den neuen Kennzeichnungsvorgaben entsprechen müssen, während zeitlich vorher produzierte Produkte oder Lebensmittel, deren Herstellungsprozess zumindest vor diesem Datum begonnen wurde, den zu diesem (früheren) Zeitpunkt geltenden Kennzeichnungsregelungen entsprechen müssen und sofern dies der Fall ist, unbefristet abverkauft werden können. Nach Auffassung des Verbraucherschutzministeriums dürfen bis zum 15. April 2004 (Geltungsbeginn der Verordnung (EG) Nr. 1830/2003) vorhandene Warenbestände, für die auf Grund der bislang nicht geltenden gesetzlichen Rückverfolgbarkeitsvorschriften keine Information über eine Kennzeichnungsverpflichtung vorliegt bzw. keine Klärung über die Herkunft beschafft werden kann, noch aufgebraucht, d. h. verarbeitet werden.
Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 über genetisch veränderte Lebensmittel und Futtermittel
Mit der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 wird das Zulassungsverfahren und die Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebens- und Futtermittel sowie deren Überwachung ab dem 18. April 2004 neu geregelt. Die Bestimmungen für gentechnisch veränderte Lebensmittel in der Novel Food Verordnung werden gestrichen; die Novel Food Verordnung bleibt damit nur für nicht gentechnisch veränderte, neuartige Lebensmittel in Kraft. Die Verordnungen (EG) Nr. 1139/98, Nr. 49/2000 und 50/2000 werden insgesamt aufgehoben. Der Futtermittelbereich wird gänzlich neu gefasst; erstmals werden Kennzeichnungsvorschriften für transgene Futtermittel eingeführt.
Die Kennzeichnungsvorgaben für transgene Lebens- und Futtermittel werden insgesamt erweitert, um die Wahlfreiheit des Verbrauchers zu verbessern. Es findet diesbezüglich ein Systemwechsel statt. Ausschlaggebendes Kriterium für die Kennzeichnung gentechnisch veränderter Lebensmittel ist künftig nicht mehr der Nachweis transgener DNA- oder Proteinanteile im Lebensmittel bzw. der einzelnen Lebensmittelzutat, sondern allein die Tatsache, dass ein Lebensmittel oder eine Lebensmittelzutat aus gentechnisch veränderten Organismen (GVO) besteht, diese enthält oder daraus hergestellt wird. Damit werden auch bisher nicht von der Kennzeichnung tangierte Produkte wie hochraffiniertes Soja-, Mais- oder Rapsöl, Sojalecithin oder Glukosesirup, bei denen ein analytischer Nachweis von transgenen DNA- oder Proteinanteilen nicht möglich ist, kennzeichnungspflichtig. Für die praktische Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 bedeutet dies, dass sämtliche Lebensmittel bzw. Lebensmittelzutaten, die dem Geltungsbereich unterfallen, auch der Kennzeichnung unterliegen. Damit wird für die Gentechnikkennzeichnung der Schritt von der Produkt- zur Prozess- oder Herkunftskennzeichnung vollzogen. Als Folge dieses Systemwechsels scheidet die Analytik in vielen Fällen als Mittel zum Nachweis gentechnischer Veränderungen, die eine Kennzeichnungspflicht bedingen, aus. Schon aus diesem Grunde wird die Überwachung der Deklaration über die Schaffung von Informationspflichten des Vorlieferanten und Rückverfolgbarkeitsvorgaben erforderlich. Von der Kennzeichnung ausgenommen werden aus Gründen der Praktikabilität Verarbeitungshilfsstoffe und Produkte, die von Tieren stammen, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert wurden.
Verordnung (EG) Nr. 1830/2003 über die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung von GVO und über die Rückverfolgbarkeit von aus GVO hergestellten Lebens- und Futtermitteln
Die Verordnung (EG) Nr. 1830/2003 formuliert spezifische Pflichten zur Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit von Lebens- oder Futtermitteln, die aus GVO bestehen, GVO enthalten oder daraus hergestellt sind. Danach sind auf jeder Stufe des Inverkehrbringens Systeme oder Verfahren einrichten, aus denen sich nachvollziehen lässt, von wem gentechnisch hergestellte Produkte zur Verfügung gestellt und an wen sie weitergegeben wurden (letzteres gilt allerdings nicht für die Abgabe an den Endverbraucher). Die Beteiligten müssen (Pflicht-) Informationen über die Identität der gelieferten Produkte speichern, über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg weiter übermitteln und sie für fünf Jahre aufbewahren. Mit Art. 4 Abs. 2 und Art. 5 Abs. 1 wird für gentechnisch veränderte Lebensmittel im Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 erstmals eine gesetzliche Informations- bzw. Mitteilungspflicht des Lieferanten gegenüber dem Abnehmer geschaffen. Diese aktive Informationspflicht des Lieferanten gegenüber dem Abnehmer über das Vorliegen kennzeichnungspflichtiger Lebensmittel bzw. Lebensmittelzutaten stärkt die Rechtsposition der abnehmenden Seite im Hinblick auf die Einhaltung der Sorgfaltspflichten zur Gewährleistung einer korrekten Deklaration.
Quelle: Bonn [ bll ]