Das Bio-ABC für den Fleischer

Von A wie Angebot bis Z wie Zertifizierung

Sensibilisiert durch Krisen der Lebensmittelwirtschaft wie BSE, setzen heute immer mehr Konsumenten gerade beim Fleischeinkauf auf Sicherheit und gesunden Genuss. Mit einem hochwertigen Bio-Sortiment können vor allem kleinere und mittlere Unternehmen dem veränderten Käuferverhalten begegnen und sich durch eine konsequente Qualitätsstrategie am Markt profilieren. Das richtige Know -how führt zum Erfolg:

A wie Angebot an Rohstoffen

Wer ökologische Fleisch- und Wurstwaren herstellen möchte, kann heute auf ein umfangreiches Angebot an Rohstoffen - vom Fleisch über Kräuter und Zusatzstoffe bis hin zum Gemüse - zurückgreifen. Es gibt bereits einige Erzeugergemeinschaften und Vermarktungsgesellschaften, die bundesweit ein großes Sortiment an Teilstücken liefern können. Viele Fleischereien setzen jedoch auf Regionalität und arbeiten direkt mit Bio-Bauern aus ihrer Umgebung zusammen.

"Wir sind erfolgreiche Partnerschaften mit Bio-Bauern in unserer Nähe eingegangen. Dadurch profitieren wir von zuverlässigen Rohstoffquellen, die Landwirte haben Planungs- und Abnahmesicherheit, und unsere Kunden wissen ganz genau, woher ihre Wurst kommt."

Richard J. Müller, Geschäftsführer von Chiemgauer Naturfleisch, Trostberg

B wie Betriebswirtschaft

Die Einführung eines Bio-Sortiments bringt Veränderungen und Herausforderungen mit sich: andere Produktionsabläufe, neue Herstellungstechnologien, aber auch Kostenfaktoren, die sich beispielsweise durch notwendige Weiterbildungsmaßnahmen, getrennte Lagerhaltung, teurere Rohstoffe, Marketing und Kontrollen ergeben. Und dennoch lohnt sich der Schritt, denn den Aufwendungen stehen in der Regel attraktive Verkaufspreise gegenüber. Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass die Konsumenten meist bereit sind, zwischen 20 und 30 Prozent mehr für Bio-Qualität auszugeben.

"In der Regel ist mit Umsatzsteigerungen von etwa 25 % zu rechnen, aber auch mit einem leichten mengenmäßigen Absatzrückgang. Der Grund dafür ist, dass sich die Kunden die ökologischen Fleisch- und Wurstwaren nicht im gleichen Umfang wie günstigere konventionelle Produkte leisten."

Dr. Jens Neiser, Controller der Herrmannsdorfer Landwerkstätten, Herrmannsdorf

C wie Chancen am Markt

Wenngleich sich der Boom, der durch BSE ausgelöst wurde, wieder etwas gelegt hat, ist die ökologische Fleischverarbeitung dennoch ein Wachstumsmarkt mit hervorragenden Perspektiven. Eine aktuelle CMA-Studie belegt, dass sich heute fast 70 Prozent der Deutschen zum Teil regelmäßig für Bio-Produkte entscheiden. Einerseits resultiert die Trendwende aus dem gestiegenen Ernährungs- und Gesundheitsbewusstsein, andererseits aus dem Bedürfnis nach Transparenz und Sicherheit im Hinblick auf Herkunft und Herstellung. Gerade für die Fleisch verarbeitende Industrie liegen hier Profilierungschancen, mit denen sie das Vertrauen der Verbraucher zurückgewinnen kann.

"Neueste Marktanalysen zeigen, dass ein überproportional hoher Anteil der Bio-Fleisch-Kunden zu Stammverwendern gehört. Mehr als 50 % der Befragten kaufen mindestens einmal  pro Woche ökologische Fleisch- und Wurstwaren und decken ihren Bedarf fast ausschließlich mit Bio."

Christoph Spahn, synergie, Berater für den Bio-Markt, Frankfurt

E wie Einstieg

Um den Schritt zur ökologischen Fleischverarbeitung gehen zu können, müssen alle zum Umdenken und Mitmachen bereit sein. Dabei ist es wichtig, Mitarbeiter und Fachverkäufer auf die neue Situation vorzubereiten. Umfassende Schulungen, aber auch die Besichtigung eines Bio-Betriebes machen die Beweggründe für die Unternehmensentscheidung klar und liefern die richtigen Argumente für das Verkaufsgespräch mit dem Kunden. Die Einführung des neuen Sortiments sollte gut vorbereitet sein und mit PR- und Marketingmaßnahmen unterstützt werden, um die Öffentlichkeit zu begeistern.

"Nur wenige Betriebe sind in der Lage, von Anfang an ganz auf Bio umzustellen. Oft geht ein Teilsortiment voraus, und erst nach einer erfolgreichen Markteinführung wird der Weg fortgesetzt."

Prof. Dr. Theo Gottwald, Geschäftsführer der Schweisfurth-Stiftung, München

H wie Herstellung

Es ist nicht die Art der Schlachtung, Zerlegung oder auch Fleischreifung, die die ökologische von der konventionellen Fleischverarbeitung unterscheidet. Anders ist vielmehr, dass sich Bio-Fleischer wieder auf traditionelle Verfahren besinnen, weitgehend auf Zusatzstoffe verzichten und nur das Fleisch von Tieren aus ökologischer und artgerechter Haltung sowie Zutaten in Bio-Qualität verwenden. Beispielsweise wird die Warmfleischverarbeitung mit modernen Techniken neu aufgegriffen. Daher sind Betriebe mit eigener Schlachtung besonders gut für die Herstellung ökologischer Fleisch- und Wurstwaren geeignet.

"Um erstklassige Wurst herzustellen, braucht man neben handwerklichem Können eigentlich nur noch Fleisch, Fleischfett, Salz, Wasser, Gewürze und Kräuter. Wer sein Handwerk versteht, kann auf Zusatzstoffe wie Nitritpökelsalz, Antioxidantien und Phosphate gut verzichten."

Josef Urban, Fleischermeister des PacklHof, Oberherrnhausen

I wie Informationen

Die Internetseite www.oekolandbau.de bietet den Geschäftsführern und Mitarbeitern von Fleisch verarbeitenden Betrieben kompetente Antworten auf fast alle Fragen der ökologischen Lebensmittelproduktion. Kalkulationshilfen, Lieferantenverzeichnisse und Informationen zu Kontrollverfahren sind dort ebenso zu finden wie bewährte Rezepturen, Checklisten für Zusatzstoffe sowie Weiterbildungsangebote. Informationen zur unbürokratischen Beantragung und kostenlosen Führung des Bio-Siegels stehen unter http://www.bio-siegel.de/.

Das Wichtigste auf einen Blick:
http://www.oekolandbau.de/
http://www.bio-siegel.de/

K wie Kontrollverfahren

Die regelmäßige Überprüfung von Bio-Fleischereien durch unabhängige Öko-Kontrollstellen gibt dem Verbraucher die nötige Sicherheit und schafft Vertrauen. Der Ersttermin dient dazu, die Grunddaten des Betriebes zu erfassen und mit dem Anforderungskatalog abzugleichen. Außerdem werden Warenflüsse, die getrennte Lagerung von konventionellen und ökologischen Rohstoffen sowie die verwendeten Zutaten überprüft. Bei den alljährlichen Kontrollterminen geht es darum, Veränderungen zu erfassen und die Einhaltung der Richtlinien zu überprüfen. Die Kosten für die Zertifizierung richten sich dabei nach der Betriebsgröße und dem Umfang der Produktion.

"Wenn sich eine Fleischerei als Naturland® Partner profilieren möchte, können wir den Kontakt zu entsprechenden unabhängigen Öko-Kontrollstellen vermitteln, die dann gleichzeitig die Einhaltung unserer Richtlinien überprüfen. Eine zusätzliche Kontrolle ist in der Regel nicht notwendig."

Michael Stienen, Geschäftsführer der Naturland® Zeichen GmbH, Gräfelfing


V wie Vermarktung

Der Weg ökologischer Fleisch- und Wurstwaren führt nicht nur in die eigene Ladentheke. Auch die Direktvermarktung, der Vertrieb über Naturkostgeschäfte oder den Großhandel sind Absatzkanäle, die in enger Kooperation mit den jeweiligen Vertriebspartnern zum Erfolg führen können. Werden konventionelle und ökologische Produkte nebeneinander angeboten, ist es wichtig, dass die Kennzeichnung eindeutig und für den Verbraucher gut zu erkennen ist.

"Wir haben ein Franchise-Konzept entwickelt und beliefern inzwischen nicht nur unsere drei Filialen, sondern auch drei selbständige Läden aus der Region mit unseren Erzeugnissen. So ist eine sinnvolle Arbeitsteilung zwischen Herstellung und Verkauf entstanden, von der beide Seiten profitieren."

Karl Buchheister, Fleischermeister der Bioland-Fleischerei Buchheister, Schellerten

Z wie zertifizierte Betriebe

Die Zahl der Lebensmittel verarbeitenden Betriebe, die sich nach dem EG-Öko-Kontrollsystem zertifizieren lassen, steigt ebenso wie das Gesundheits- und Ernährungsbewusstsein der Konsumenten. Gerade Fleischereien haben erkannt, dass sie auf diese Weise das Vertrauen der Verbraucher gewinnen, das durch vergangene Krisen erschüttert wurde. Das Bio-Siegel gibt dem Kunden auf einen Blick Sicherheit und kann kostenlos geführt werden, sobald die Zertifizierung - nach der EG-Öko-Verordnung - erfolgreich abgeschlossen wurde.

"Unsere Metzgerei produziert seit 18 Jahren ökologische Fleisch- und Wurstwaren. Insofern sind wir wirklich Pioniere der Branche. Seit 1996 sind wir offiziell zertifiziert. Die Kontrollverfahren und die Einhaltung der Richtlinien sind zwar sehr aufwändig, aber unsere Kunden belohnen uns dafür mit ihrem Vertrauen."

Luc Villemin, Traitteur der Bio-Metzgerei Villemin, Ludwigsburg

Quelle: Frankfurt [ oekolandbau.de ]

Kommentare (0)

Bisher wurden hier noch keine Kommentare veröffentlicht

Einen Kommentar verfassen

  1. Kommentar als Gast veröffentlichen.
Anhänge (0 / 3)
Deinen Standort teilen