Nachweis von Tier- und Pflanzenarten in verschiedenen Lebensmitteln - inwieweit ist Quantifizierung möglich?
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Der Ruf der Lebensmittelwirtschaft wurde in den letzten Jahren aufgrund zahlreicher Lebensmittelskandale zunehmend in ein aus Sicht des Verbrauchers schlechtes Licht gerückt. Neurodegenerative Krankheiten bei Tieren wie BSE und Scrapie, die durch Influenza A Viren verursachte Geflügelpest und die Existenz von gentechnisch veränderten Pflanzen verunsicherten den Konsumenten und führten hinsichtlich eines verbesserten Verbraucherschutzes zur Forderung nach einer umfassenden und verständlichen Deklaration von zusammengesetzten Lebensmitteln.Aus diesem Grunde müssen z. B. verpackte Fleischerzeugnisse, die direkt für den Endverbraucher bestimmt sind, entsprechend der Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung (LMKV) ein Zutatenverzeichnis und zusätzlich seit dem 01.07.2003 die Mengenkennzeichnung gemäß der QUID-Leitlinie (Quantitative Ingredient Declaration) aufweisen. Der Gesetzgeber erhofft sich, dass die Konsumenten auf diese Weise beim Kauf von Produkten objektiver informiert werden und eine "bessere" Auswahl treffen können.
Nach § 35 des Lebensmittel und Bedarfsgegenstände Gesetzes (LMBG) existieren bereits amtliche Methoden, die den Nachweis (qualitativ) von Tier- und Pflanzenarten auf Protein-, Fettsäure- und DNA-Basis unter Anwendung unterschiedlichster Techniken (Gelelektrophorese, Gaschromatographie, Immunchemische Verfahren, Polymerase Kettenreaktion) erlauben. Zurzeit werden große Anstrengungen unternommen, insbesondere Methoden auf DNA-Basis zur Bestimmung (quantitativ) von tierischen und pflanzlichen Zutaten bereitzustellen, um den Ansprüchen der geltenden Gesetzgebung gerecht zu werden.
Zur Artenidentifizierung existieren bereits mannigfaltig Verfahren unter Anwendung der Polymerase Kettenreaktion (PCR), wie die PCR in Kombination mit der Analyse von Restriktionsfragment-Längenpolymorphismen (PCR-RFLP), die PCR unter Verwendung tier- und pflanzenartspezifischer Primer, Multiplex-PCR unter Verwendung mehrerer artspezifischer Primer in einem Ansatz, die PCR mit anschließender Analyse der Einzelstrang-Konformationspolymorphismen und seit neuerer Zeit die so genannte Real-Time PCR, bei der die Amplifikation von spezifischen DNA-Fragmenten unter Einsatz von Fluoreszenzfarbstoffen direkt verfolgt werden kann. Letztgenannte Methodik stellt einen sehr guten Ansatz zur Quantifizierung tierischer und pflanzlicher Zutaten in Lebensmitteln dar.
Für die relative Quantifizierung der Tierart Ziege wurde ein Real-Time PCR System entwickelt, welches es ermöglicht, Ziegenfleischanteile in Fleischerzeugnissen semi-quantitativ zu bestimmen. Als Referenzgen für den Gesamtfleischanteil dient dabei ein 97 Basenpaare (bp) langer DNA-Abschnitt aus dem Myostatingen. Für die Tierart Ziege wurde ein spezifisches Primer-Sonden-System, basierend auf dem nukleären single-copy Gen beta-Casein entwickelt. Die Systemvalidierung erfolgte an Brühwurstproben mit Ziegenfleischanteilen von 2 bis 100 %, hergestellt bei unterschiedlichen Erhitzungsstufen. Der relative Anteil an Ziegenfleisch, bezogen auf den Gesamtfleischanteil im Fleischerzeugnis, wurde auf Grundlage der delta-delta CT-Methode berechnet.
Die durchgeführten Untersuchungen an den entsprechenden Referenzproben zeigen, dass eine relative Quantifizierung des Fleischanteils in Fleischerzeugnissen mit einer festgestellten Messunsicherheit von etwa 20 - 50 % prinzipiell möglich ist. Die Sicherheit der erzielten Ergebnisse ist jedoch abhängig vom Prozessierungsgrad (Temperatur, pH-Wert, Scherkräfte, Enzymaktivität) der untersuchten Proben und der daraus resultierenden Fragmentierung der DNA, von der Art des Gewebes und dessen natürlichen Schwankungen im DNA-Gehalt. Fettgewebe besitzt gegenüber dem Muskelgewebe nur ein Viertel der DNA-Menge. Vorhandenes Fettgewebe bleibt hinsichtlich einer quantitativen Abschätzung dadurch kalkulierbar. Dem gegenüber existiert in der Leber ein etwa zehnfach höherer DNA-Gehalt im Vergleich zum Muskelgewebe. Der Einsatz von Leber in Fleischerzeugnissen beeinflusst somit die Quantifizierung des Fleischanteils beträchtlich.
Aufgrund der erhaltenen Ergebnisse konnte gezeigt werden, dass bei der relativen Quantifizierung der Ver- und Bearbeitungsgrad des Fleischerzeugnisses individuell berücksichtigt werden muss. Unter dieser Voraussetzung ist es möglich, geringste Mengen (Kontaminationen) von etwa 1 - 2 % oder darunter von wertbestimmenden Fleischanteilen (> 10 %) zu unterscheiden. Bei bekannter Probenzusammensetzung, wie z. B. im Rahmen der Qualitätssicherung (QS), läßt sich die
Quelle: Kulmbach [ Fredi Schwägele, BFEL Kulmbach ]