Bioaktive Proteine: Frankenfood oder Hoffnungsträger?
Godesberger Ernährungsforum 2004
Bioaktive Inhaltsstoffe sind in den verschiedensten Nahrungsmitteln und Nahrungsmittelinhaltsstoffen nachgewiesen worden und durch eine physiologische Wirkung gekennzeichnet. Ein Schwerpunkt hat sich um die Beschreibung bioaktiver Proteine und Peptide gebildet, die vor allem in boviner Milch, in Kollostrum und Blut, in Fisch, Weizen und Soja nachgewiesen wurden. Neben den inaktiven Proteinen und deren Fragmenten, die Teil der Nahrung sind oder dieser zugesetzt werden können, interessieren zunehmend solche Inhaltsstoffe, die erst durch enzymatische Aktivität im Laufe des Verdauungsprozesses oder durch fermentative Prozesse im Rahmen der Lebensmittelreifung entstehen. Auch für diese Substanzen werden potenziell positive oder die Gesundheit fördernde Wirkungen postuliert.Aus dem Protein boviner Milch können Peptide mit immunmodulatorischen Eigenschaften freigesetzt werden. Hierzu zählen Glykomakropeptid, Casein Phosphopeptid, Casomorphine, Casokinine und Spaltpeptide aus alpha-Laktalbumin, beta-Laktoglobulin und kappa-Casein, sowie Immunglobuline. Laktoferrin weist ebenfalls derartige Wirkungen auf.
Des weiteren sind Effekte auf gastrointestinale Motilität sowie Wasser- und Elektrolyt-Resorption durch beta-Casomorphin, Casoxin C, kappa-Casein-Proteolysate und Glycomakropeptid beschrieben worden.
Eine antiproliferative Wirkung wurde von alpha-Laktalbumin und fermentativen Spaltprodukten beobachtet.
Antihypertensive Effekte zeigten ACE-inhibitorische Peptide wie Casomorphin, Casokinin, aber auch Hydrolysate von Maisprotein mit den Sequenzen Leu-Arg-Pro oder von Weizenkeimen, Fisch und Sake sowie ECE-inhibitorisches Peptid und AT-Rezeptor-inhibitorisches Peptid aus Milch- und Fischprotein.
Antithrombotisch wirken Casoplateline, Lactoferrin und das Peptid mit der Aminosäuresequenz KRDS. Antilipamische Wirkungen sind von fermentierten Weizenproteinen, Hydrolysaten von bovinem Globin und Protamin beschrieben worden.
Antioxidative Effekte wiesen Superoxiddismutase, Katalase und Lactoferrin auf.
Mineralstoffbindende und die Mineralstoffresorption fördernde Wirkungen sind hauptsächlich den Casein-Phosphopeptiden zugeschrieben worden und neuerdings auch dem basischen Milchprotein (MBP) aus der Fraktion der Molkenproteine.
Auch zahlreiche Milchinhaltsstoffe mit Wachstumsfaktor-Eigenschaften kommen in der Milch vor. Hierzu zählen TGF-beta, IGF 1 und 2, FGF, EGF und PDGF.
Bislang ist nur für einige Proteine bzw. Peptide eine Magenpassage in intakter Form und Resorption in den Blutstrom und somit die Erreichbarkeit des Zielgewebes nachgewiesen worden. Viele dieser aufgelisteten Proteine bzw. Peptide mögen nur lokal im Gastrointestinaltrakt wirken. Tatsächlich gibt es bislang nur zu wenigen bioaktiven Proteinen bzw. Peptiden kontrollierte klinische Studien. Zu diesen zählt der Nachweis, dass Lactoferrin signifikant die Phagozytoseaktivität von Monozyten und die IgA-Antwort nach einer Influenzaimpfung erhöhte. Als Beispiel eines am Markt fähigen Produktes sei der Vertrieb von CalpisTM in Japan genannt, einem Casein-Hydrolysat mit antihypertensiver Wirkung.
Quelle: Bad Godesberg [ Prof. Dr. med. Jürgen Schrezenmeir, Bundesforschungsanstalt für Milchforschung, Kiel ]