Schlachtindustrie: Eine Branche im Zwielicht
Güster: „Europa erwartet, dass Deutschland endlich handelt“
Im Oktober wurde vor dem Düsseldorfer Landgericht ein Prozess wegen Schwarzarbeit, Sozialversicherungsbetrug und Steuerhinterziehung eröffnet, der seinesgleichen sucht. Einem Subunternehmer der deutschen Schlachtindustrie wird vorgeworfen, mit einem Geflecht von 50 Unternehmen und 1.000 meist rumänischen Werkvertragsarbeitnehmern einen Schaden von 14 Millionen Euro verursacht zu haben. Dazu hat Claus-Harald Güster, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), erklärt:„Dieser Fall entlarvt ein System von Raubtierkapitalismus und Menschenverachtung, das mit Werkverträgen, Leiharbeit und Niedrigstlöhnen für meist osteuropäische Arbeitnehmer billiges Fleisch nicht nur auf den deutschen Markt wirft und verramscht, sondern Arbeitsplätze in anderen europäischen Ländern vernichtet. In Frankreich, in Belgien und Dänemark schrillen die Alarmglocken bei Arbeitgebern und Gewerkschaften, weil Unternehmen ruiniert werden und anständig bezahlte Fachkräfte ihre Arbeit verlieren. Die französische Fleischindustrie hat eine Vereinigung gegen Sozialdumping gegründet und die Europäische Kommission aufgefordert, Deutschland zu zwingen, einen Mindestlohn einzuführen. Im vergangenen Jahr wurden in Dänemark mehr als 3.000 Schlachthofbeschäftigte, denen tariflich gesicherte Stundenlöhne von rund 20 Euro gezahlt wurden, in die Arbeitslosigkeit geschickt. Im Gegenzug hat Danish Crown, eines der europaweit größten Unternehmen der Fleischbranche, vor wenigen Tagen einen Schlachthof im oldenburgischen Essen mit der gigantischen Kapazität von vier Millionen Schweineschlachtungen jährlich und 1.200 Beschäftigten übernommen. Allerdings kommen davon 1.000 Schlachter über Werkverträge mit Stundenlöhnen häufig zwischen vier und zehn Euro aus Osteuropa.